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Selbstständige Tätigkeit von Ausländern in Deutschland
Das sollten Sie wissen und beachten
In Zeiten weltweiter Mobilität verlassen unzählige Menschen ihr Heimatland, um einer Erwerbstätigkeit im Ausland nachzugehen. Auch Deutschland ist Zielland für viele Ausländer. Zu einem Großteil suchen sie Arbeit als klassische Arbeitnehmer in Betrieben aller Art. Ein anderer, nicht unbeachtlicher Teil aber sucht sein Glück, indem er dort selbstständig als Gewerbetreibender oder Freiberufler tätig ist.
Die hier gestellte Frage ist, unter welchen Voraussetzungen Ausländer eine selbstständige Tätigkeit in Deutschland ausüben können.
Hierbei ist zu unterscheiden zwischen Unionsbürgern (Bürger mit der Staatsangehörigkeit eines EU-Staates) einerseits und Staatsangehörigen aus Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union andererseits.
EU-Bürger benötigen keine spezielle Arbeitserlaubnis
Unionsbürger genießen Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit in der gesamten Europäischen Union. Die Niederlassungsfreiheit umfasst die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen. Die Dienstleistungsfreiheit berechtigt EU-Bürger, vorübergehend Dienstleistungen in Deutschland unter denselben Voraussetzungen wie Deutsche zu erbringen.
Unionsbürger benötigen hierfür keine spezielle Arbeitserlaubnis. Sie können also unter den gleichen Voraussetzungen wie deutsche Staatsangehörige selbstständige Erwerbstätigkeiten ausüben und Dienstleistungen anbieten.
Nach dem EU-Beitritt osteuropäischer Staaten gab es noch Ausnahmeregelungen und Einschränkungen während festgelegter Übergangszeiten. Diese sind zwischenzeitlich ausgelaufen, sodass auch Bürger dieser Staaten keine spezielle Arbeitserlaubnis mehr benötigen. Sollte die EU künftig weitere Staaten als Mitglieder aufnehmen, sind neuerliche Übergangsregelungen nicht auszuschließen.
Staatsangehörige aus Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union benötigen einen Aufenthaltstitel
Anders als für EU-Bürger sieht es für Staatsangehörige aus Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union aus. Sie benötigen zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit grundsätzlich einen Aufenthaltstitel zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit gemäß § 21 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
Um die Systematik des AufenthG besser zu verstehen, müssen Sie vier Arten von Aufenthaltstiteln unterscheiden, nämlich die
- Aufenthaltserlaubnis, § 7 AufenthG
- Niederlassungserlaubnis, § 9 AufenthG
- Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU, § 9a AufenthG
- und das Schengen-Visum
Von Bedeutung sind hierbei die Aufenthaltserlaubnis und die Niederlassungserlaubnis.
Die Aufenthaltserlaubnis steht am Anfang, sie wird nur befristet erteilt. Die Niederlassungserlaubnis folgt der Aufenthaltserlaubnis, sie wird unbefristet erteilt.
a. Die Aufenthaltserlaubnis als der erste Schritt – Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Nicht-EU-Bürger eine Aufenthaltserlaubnis für eine selbstständige Tätigkeit erhalten?
Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis sind:
- selbstständige Tätigkeit
- Bestehen eines wirtschaftlichen Interesses oder eines regionalen Bedürfnisses
- die Tätigkeit lässt positive Auswirkungen auf die Wirtschaft erwarten
- die Finanzierung der Umsetzung durch Eigenkapital oder Kreditzusage ist gesichert
- angemessene Altersversorgung bei Ausländern, die älter als 45 Jahre sind
Liegen die Voraussetzungen vor, so erteilt die Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis. Diese wird befristet auf maximal 5 Jahre erteilt.
Von praktischer Bedeutung ist hier das Merkmal der „selbstständigen“ Tätigkeit. Diese kann gewerblicher Art oder freiberuflicher Art sein.
Selbstständig tätig (und damit nicht abhängig beschäftigt) sind in der Regel:
- Einzelunternehmer, die gewerblich oder freiberuflich tätig sind
- Gesellschafter einer Personengesellschaft (OHG, KG, GbR)
- Geschäftsführer/Vorstände von Kapitalgesellschaften, dies aber nur dann, wenn sie gleichzeitig Gesellschafter oder Anteilseigner mit einem Mehrheitsanteil sind
b. Für bestimmte Personengruppen gelten begünstigende Sonderregelungen
aa. Bilaterale Sonderabkommen mit bestimmten Staaten
Die Bundesrepublik Deutschland hat mit einigen Staaten bilaterale Abkommen geschlossen, wonach Staatsangehörige aus diesen Staaten im Hinblick auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis einem erleichterten Prüfungsmaßstab unterliegen. Solche Staaten sind:
- Dominikanische Republik,
- Indonesien
- Iran
- Japan
- Philippinen
- Sri Lanka
- Türkei
- USA
Diese Abkommen sind vorrangig und im Einzelfall heranzuziehen.
bb. Absolventen deutscher Hochschulen, § 21 Abs. 2 a AufenthG
Ausländern, die ihr Studium an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule in Deutschland erfolgreich abgeschlossen haben oder die als Forscher oder Wissenschaftler eine Aufenthaltserlaubnis besitzen, kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 21 AufenthG auch dann erteilt werden, wenn die vorstehend unter lit. a) (2) bis (5) genannten Voraussetzungen nicht vorliegen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die beabsichtigte selbstständige Tätigkeit im Zusammenhang mit den in der Hochschulausbildung erworbenen Kenntnissen steht. Solche Studienabsolventen können sich nach dem Zeitpunkt des Studienabschlusses für einen Zeitraum von 18 Monaten in Deutschland aufhalten und eine Arbeit suchen. Auch die Beantragung der Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit ist davon umfasst.
cc. Ausländer im Besitz eines anderen Aufenthaltstitels, § 21 Abs. 6 AufenthG
Ausländern, denen eine Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Zweck erteilt wird oder erteilt worden ist, kann unter Beibehaltung dieses Aufenthaltszwecks die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit erlaubt werden, wenn die nach sonstigen Vorschriften erforderlichen Erlaubnisse erteilt wurden oder ihre Erteilung zugesagt ist. Auch für sie gelten erleichterte Bedingungen. Sie müssen die vorstehend unter lit. a) lit. a) (2) bis (5) genannten Voraussetzungen nicht erfüllen.
dd. Selbstständige Geschäftsführer aus sog. „Best-Friends"-Staaten
Selbstständige Geschäftsführer eines Unternehmens, denen eine visumsfreie Einreise nach Deutschland gestattet ist (zum Beispiel Staatsangehörige der sogenannten „Best-Friends"-Staaten) benötigen keinen Aufenthaltstitel zum Zweck der selbstständigen Erwerbstätigkeit, soweit sie in Deutschland die selbstständige Tätigkeit höchstens 90 Tagen pro 12 Monate ausüben.
c. Wo und wann ist der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu stellen?
Grundsätzlich muss die Aufenthaltserlaubnis vor der Einreise nach Deutschland beantragt werden. Dies geschieht über einen Visumantrag bei der deutschen diplomatischen Vertretung in dem Land, in dem sich der Ausländer aufhält. Die für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis maßgeblichen Angaben werden bereits im Visumantrag gemacht. Nach der Einreise ist dann die Ausländerbehörde der Region zuständig, in der sich der Ausländer aufhält.
Eine Ausnahme gilt für Staatsangehörige Australiens, Israels, Japans, Kanadas, der Republik Koreas, Neuseelands und der vereinigten Staaten von Amerika. Sie können das Visum auch erst nach der Einreise nach Deutschland beantragen. Trotzdem dürfen auch sie erst als Selbstständige Arbeiten, wenn die Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist.
Wann und unter welchen Voraussetzungen erhalten Staatsangehörige aus Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union eine Niederlassungserlaubnis?
Die Niederlassungserlaubnis ist quasi die Fortsetzung der befristeten Aufenthaltserlaubnis. Sie gilt unbefristet und wird erteilt, wenn
- der Ausländer seit fünf Jahren die Aufenthaltserlaubnis besitzt,
- sein Lebensunterhalt gesichert ist,
- er mindestens 60 Monate Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet hat oder Aufwendungen für einen Anspruch auf vergleichbare Leistungen einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines Versicherungsunternehmens nachweist; berufliche Ausfallzeiten auf Grund von Kinderbetreuung oder häuslicher Pflege werden entsprechend angerechnet,
- Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unter Berücksichtigung der Schwere oder der Art des Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder der vom Ausländer ausgehenden Gefahr unter Berücksichtigung der Dauer des bisherigen Aufenthalts und dem Bestehen von Bindungen im Bundesgebiet nicht entgegenstehen,
- ihm die Beschäftigung erlaubt ist, sofern er Arbeitnehmer ist,
- er im Besitz der sonstigen für eine dauernde Ausübung seiner Erwerbstätigkeit erforderlichen Erlaubnisse ist,
- er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
- er über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt und
- er über ausreichenden Wohnraum für sich und seine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen verfügt.
Ausländer, die bereits seit 3 Jahren ihre selbstständige Tätigkeit erfolgreich verwirklicht haben und der Lebensunterhalt des Ausländers und seiner mit ihm in familiärer Gemeinschaft lebenden Angehörigen, denen er Unterhalt zu leisten hat, durch ausreichende Einkünfte gesichert ist, erhalten bereits nach 3 Jahren eine Niederlassungserlaubnis, § 21. Abs. 4 AufenthG.
Ausländer mit einer Niederlassungserlaubnis sind ohne gesonderte Erlaubnis zu einer selbstständigen Tätigkeit berechtigt.
Die „Krönung“: Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU, § 9a AufenthG
Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU ist unbefristet. Voraussetzung ist, dass
- der Ausländer sich seit fünf Jahren mit Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhält,
- sein Lebensunterhalt und derjenige seiner Angehörigen, denen er Unterhalt zu leisten hat, durch feste und regelmäßige Einkünfte gesichert ist,
- er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
- er über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt,
- Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unter Berücksichtigung der Schwere oder der Art des Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder der vom Ausländer ausgehenden Gefahr unter Berücksichtigung der Dauer des bisherigen Aufenthalts und dem Bestehen von Bindungen im Bundesgebiet nicht entgegenstehen und
- er über ausreichenden Wohnraum für sich und seine mit ihm in familiärer Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen verfügt.
Sie berechtigt einerseits zur Beschäftigung als Arbeitnehmer oder zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet und ist andererseits die Grundlage, ein Aufenthaltsrecht auch in einem anderen Mitgliedstaat der Union unter vereinfachten Voraussetzungen zu erhalten.
Ein Schengen-Visum berechtigt nicht zu einer selbstständigen Tätigkeit
Das Schengen-Visum berechtigt zum Aufenthalt in Ländern des Schengen-Raums. Der Aufenthalt in einem der Länder des Schengen-Raums darf die Dauer von 90 Tagen/drei Monaten pro Halbjahr nicht überschreiten, wobei die Gründe der Reise keine Rolle spielen. Allerdings beinhaltet die Bewilligung eines Schengen-Visums zur Einreise und zum befristeten Aufenthalt in einem Schengen-Land keine Arbeits- oder Studienerlaubnis in diesem Land.
Fachkräftezuwanderungsgesetz
Zu Beginn des Jahres 2020 soll ein neues „Fachkräftezuwanderungsgesetz“ in Kraft treten, das auch Staatsangehörigen aus Drittstaaten, die nicht der EU angehören, einen erleichterten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt ermöglichen soll. Nach derzeitigem Stand würde dies wohl nur für Arbeitnehmer gelten, nicht hingegen für eine selbstständige Tätigkeit. Inwieweit damit aber ein aufenthaltsrechtlicher Status geschaffen wird, der später auch die Aufnahme einer selbstständigen/gewerblichen Tätigkeit gestattet, wäre bei Bedarf im Einzelfall zu prüfen.
Zusammenfassung
Als EU-Bürger ist es jederzeit möglich, in Deutschland einer selbstständigen Tätigkeit nachzugehen. Hier bestehen keine Unterschiede zu deutschen Staatsangehörigen.
Staatsangehörige aus Drittstaaten, die nicht der EU angehören, können nicht ohne Weiteres eine selbstständige Tätigkeit in Deutschland ausüben. Sie benötigen vor der Einreise nach Deutschland eine befristete Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit nach § 21 AufenthG unter den dort genannten Voraussetzungen.
Wer diese Hürde genommen hat und seine selbstständige Tätigkeit bereits seit drei Jahren erfolgreich ausgeübt hat, der kann unter bestimmten weiteren Voraussetzungen eine Niederlassungserlaubnis erhalten. Eine Erweiterung stellt dann die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU dar.
Gerhard Greiner ist als Rechtsanwalt seit 1992 tätig. Aktuell arbeitet er in der deutsch-französischen Kanzlei ARIATHES Rechtsanwälte. Seine Schwerpunkte liegen im Arbeitsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie im Internationalen Rechtsverkehr.