Checkliste für Freelancer: Bin ich scheinselbstständig?

Scheinselbstständigkeit ist für jeden Freelancer ein wichtiges Thema. Wir haben die aktuelle Rechtslage in einer Checkliste zusammengefasst.

Scheinselbstständigkeit ist ein Begriff, der seit geraumer Zeit einigen Schrecken bei Unternehmen und auch Freelancern verbreitet. Gar nicht mal zu Unrecht, denn wer von Behörden und Sozialverbänden als scheinselbstständig eingestuft wird, hat mit saftigen Strafen und Nachzahlungen zu rechnen. Dazu kommt, dass die Rechtslage weiterhin schwammig ist und es viele Meinungen gibt, wann man schon scheinselbstständig ist und wann nicht. 

Manche Firmen beschäftigen schon gar keine Freelancer mehr, weil sie entweder schlechte Erfahrungen gemacht und Angst haben, von den Sozialkassen später mit Nachforderungen überzogen zu werden. Für Freelancer ist es daher wichtig zu wissen, welche Kriterien von staatlicher Seite herangezogen werden, um zu entscheiden, ob man selbst gefährdet ist, als scheinselbstständig eingestuft zu werden. 

Der Hintergrund zur Scheinselbstständigkeit

Vor Jahrzehnten kamen viele Firmen auf die Idee, ihre Mitarbeiter an die Luft zu setzen und als Selbstständige mit den gleichen Aufgaben zu betrauen, die sie vorher in der Firma erledigt hatten. Der Vorteil für die Firmen: Sie sparten sich die Sozialabgaben zur Rente, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung sowie Krankenkasse und mussten nicht für Büroplatz, Urlaub und Krankheit aufkommen. Sie zahlten also weniger und bekamen die gleiche Leistung. Der Selbstständige hatte viele Nachteile, musste alle Sozialabgaben entweder selbst zahlen oder vermied sie – was sich spätestens im Rentenalter schwer rächte. 

Der Staat hat daher schnell Gegenmaßnahmen ergriffen und festgelegt, dass Personen, die zwar pro forma selbstständig sind, de facto aber wie ein Angestellter für eine Firma arbeiten, nur zum Schein selbstständig sind. Entdecken Vertreter der deutschen Rentenversicherung oder des Zolls solche Fälle (oder werden sie durch ein Statusfeststellungsverfahren ermittelt), hat das weitreichende Folgen.

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Strafen für Scheinselbstständigkeit

Da der Gesetzgeber den Auftraggeber als Übeltäter ansieht, wird er im Falle einer Scheinselbstständigkeit nicht nur mit Strafen belegt (das können hohe Beträge oder sogar Freiheitsstrafen sein), sondern muss auch noch alle hinterzogenen Beiträge zu Rente, Arbeitslosenversicherung etc. nachzahlen – in voller Höhe (Arbeitnehmer und Arbeitgeberanteile), mit Zinsen und rückwirkend bis zu 5 Jahren (bei Vorsatz sogar bis zu 30 Jahren). 

Die Scheinselbstständigen selbst kommen eher glimpflich davon, da sie maximal für die letzten 3 Monate Nachzahlungen an die Sozialkassen leisten müssen. Außerdem kann das Finanzamt die Rückabwicklung von Umsatzsteuer- und Einkommensteuerzahlungen verlangen. Das kostet dann nicht nur Geld, sondern vor allem auch Nerven und viel Zeit. Eine Bestrafung im Sinne des Strafgesetzbuchs erfolgt bei ihnen bis auf Ausnahmen nicht.

Bleibt dennoch die bange Frage: „Könnte ich als scheinselbstständig eingestuft werden?“

Auf Scheinselbstständigkeit testen – aber richtig

Es gibt einen „offiziellen“ Weg, einen Test zu machen. Dazu leitet man bei der Clearing-Stelle der deutschen Rentenversicherung (DRV) ein sogenanntes Statusfeststellungsverfahren ein. Was nach einer guten Idee klingt – weil man das Ergebnis dann von offizieller Seite hat – geht leider häufig nach hinten los. Die DRV entscheidet in Zweifelsfällen (und nicht nur in solchen) oft auf „scheinselbstständig“, wahrscheinlich auch nicht ganz uneigennützig, weil im anderen Fall die Person nicht in die Rentenkasse einzahlt. 

Der Fachanwalt Dr. Felser hält dazu auf seiner Webseite scheinselbststaendig.de fest: „So ist in letzter Zeit festzustellen, dass IT-Berater bzw. Consultants pauschal und ausnahmslos als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte eingeordnet werden.” Man sollte daher dieses Verfahren nicht einfach auf Verdacht durchlaufen und vorher unbedingt einen Fachanwalt konsultieren, der mit dem Thema viel Erfahrung gesammelt hat und die aktuellen Tendenzen der staatlichen Stellen dazu kennt. 

Generell gilt: Es gibt keinen einheitlichen Kriteriensatz, der sicher dafür sorgt, dass man nicht als scheinselbstständig eingestuft werden könnte. Dennoch gibt es diverse Anhaltspunkte, die auch Sozialgerichte berücksichtigen, um ein Urteil zu fällen. Wenn Sie als Freelancer 

  • wie ein Unternehmen auftreten,
  • eine eigene Webseite, Telefon- und E-Mail sowie Visitenkarten haben, 
  • für mehrere verschiedene Auftraggeber arbeiten,
  • weitere (externe) Mitarbeiter mit Aufträgen versorgen,
  • Ihre Preise, den Arbeitsort und Urlaub frei wählen können, 
  • konkrete Projekte abarbeiten (also nicht pauschal auf Stundenbasis arbeiten),
  • auch Aufträge ablehnen können und/oder
  • aktiv Werbung machen,

stehen die Chancen gut, ein „echter“ selbstständiger Experte zu sein. Ein erster einfacher Test hierzu ist unsere Excel-Checkliste "Scheinselbstständigkeit" zum Downloaden und Ausfüllen.

Trugschluss: mehrere Auftraggeber = nicht scheinselbstständig

Sind Sie dagegen gut in die Abläufe ihres Auftraggebers integriert, haben Sie dort ein Büro, nutzen Sie Firmeneigentum für die Arbeit, sind Sie Mitarbeiterverzeichnissen geführt, haben Sie auch eine Visitenkarte der Firma, eventuell sogar eine Durchwahl, müssen Sie an Meetings teilnehmen und ihren Urlaub abstimmen, dann wird es gefährlich. 

Oft wird dabei übersehen, dass das auch dann gilt, wenn Sie mehrere Auftraggeber haben. Wenn Sie für einen Auftraggeber beispielsweise 20 Stunden pro Woche als Freelancer arbeiten, aber eigentlich die Aufgaben einer fest eingebundenen Kraft in der Firma wahrnehmen und dort genauso integriert sind, ist das aus Firmensicht eine Scheinselbstständigkeit. Denn für die Deutsche Rentenversicherung spielt es keine Rolle, ob Sie mit Ihrer Tätigkeit eine Ganztags- oder Halbtagskraft “scheinselbstständig” ersetzen. 

Unternehmen sind nervös

Auch Unternehmen haben die Gefahr erkannt. Einige tendieren dazu, lieber keine Freelancer mehr zu beauftragen, weil ihnen das Risiko zu groß ist. Letztlich ist man als Freelancer ebenfalls in der Pflicht, gegenüber seinem Auftraggeber zweifelsfrei nachweisen zu können, dass durch die Beauftragung kein Risiko entsteht. Eine Option für ein gutes Argument ein “echter Selbstständiger” zu sein, ist die Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse (KSK). Durch das aufwendige Aufnahmeverfahren und die Zahlungen an Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung ist offensichtlich klar, dass hier keine Beschäftigung zur Vermeidung von Sozialabgaben vorliegt. Die KSK nimmt aber nur bestimmte Berufsgruppen auf. 

Fazit

Das Thema Scheinselbstständigkeit ist für die knapp 2 Mio. Solo-Selbstständigen in Deutschland ein schwieriges und rechtlich heikles Thema. Es lohnt sich, hierbei eher zu sorgfältig zu sein und im Zweifel Angebote eines Auftraggebers (wie ein Büro oder eine Visitenkarte) dankend abzulehnen. Wer sich selbst nicht sicher ist, ob er als scheinselbstständig eingestuft würde, sollte erst einmal einfache Checklisten bemühen und sich dann anwaltlichen Rat holen, bevor er die Clearing-Stelle der Deutschen Rentenversicherung einbezieht. Ist die erst einmal aktiv und entscheidet anders als erwartet, kann das viel Ärger nach sich ziehen. 

Verschaffen Sie sich einen ersten Eindruck, wie groß für Ihre Tätigkeit die Gefahr ist, als scheinselbstständig eingestuft zu werden.

Liste herunterladen und ausfüllen