
Corona – Update zu Staatshilfen und Zuschüssen
- Liquiditätsengpass – was darunter zu verstehen ist
- Kein Aufzehren von Ersparnissen vorausgesetzt!
- Staatliche Hilfen nicht wegen, sondern aufgrund von Corona
- Eidesstattliche Versicherung
- Relevanten Beurteilungszeitpunkt beachten
- Nicht zu lange zögern
- Lage der Bankenkredite
- Persönliche Einschätzung zu den staatlichen Hilfen
Anknüpfend an unseren Artikel „Corona-Krise: Wie geht es finanziell weiter?“, wollen wir Sie hier über die neuesten Entwicklungen hinsichtlich der Staatshilfen und Zuschüsse auf dem Laufenden halten und Ihnen die neuesten, relevanten Informationen für Ihre mögliche Antragstellung an die Hand geben.
Seit unserem Artikel vom 25.03.2020 hat sich Einiges getan. Inzwischen stehen die Formulare zur Beantragung der Finanzhilfen bereit und die Zuständigkeiten wurden festgelegt. Nun ist klar, dass für die Bearbeitung der Anträge in Bezug auf Soforthilfen des Bundes die Bundesländer zuständig sind.
Die Anträge können in allen Bundesländern online gestellt oder zumindest online abgerufen werden. Eine Übersicht finden Sie hier.
Die konkrete Ausgestaltung unterscheidet sich von Land zu Land. Teilweise, etwa in Bayern, ist eine Antragstellung online möglich und wird vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie abgewickelt. Auch in Nordrhein-Westfalen kann der Antrag direkt online gestellt werden. In Bremen hingegen muss ein online bereitstehender Antrag ausgefüllt, ausgedruckt, unterschrieben und entweder gescannt per Mail oder per Post an die Bremer Aufbau-Bank GmbH übersandt werden. Auch in weiteren Bundesländern, etwa Berlin, werden die Anträge durch Investitionsbanken (dort z.T. allerdings vollständig online) abgewickelt.
Auch die Anforderungen und Voraussetzungen, unter welchen es möglich ist, von den (inzwischen fast überall aufgestockten) Millionen-Hilfspaketen zu partizipieren, haben sich zwischenzeitlich klarer herausgeschält.
Notwendig ist in eigentlich allen Bundesländern, dass das beantragende Unternehmen der Hilfe aufgrund eines Liquiditätsengpasses bedarf. Die deutschlandweit geltende Definition dieses Begriffes lautet:
„Ein Liquiditätsengpass liegt vor, wenn infolge der Corona-Pandemie die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (beispielsweise gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen. Private und sonstige (= auch betriebliche) liquide Mittel müssen nicht (mehr) zur Deckung des Liquiditätsengpasses eingesetzt werden.“
Von enormer Bedeutung für alle Klein(st)unternehmer, Freelancer und (Solo)selbständigen dürfte hierbei insbesondere der zweite Satz sein. Unmissverständlich stellt dieser klar, dass vor Beantragung der Staatshilfe nicht erst sämtliche Ersparnisse sowie etwaige Altersrücklagen aufgezehrt werden müssen, um das eigene Unternehmen am Laufen zu halten.
Allerdings räumt der erste Satz der Definition zugleich mit einem zum Teil leider auftretenden Irrglauben auf: Die Corona-Hilfen von Bund und Ländern sind keine „staatliche Unterstützung wegen Corona“. Nein, entscheidend ist das Vorhandensein eines Liquiditätsengpasses aufgrund von Corona! Es muss somit – und hier kann unser Tipp nur lauten, legen Sie dies in Ihrem Antrag in ausreichendem Umfang dar – absehbar sein, dass das eigene Unternehmen innerhalb der nächsten drei Monate an den Punkt kommen wird, an welchem es nicht mehr in der Lage ist, seine laufenden Ausgaben zu decken UND dieser Umstand muss gerade kausal auf die Corona-Krise zurückzuführen sein.
Stellen Sie sich also die Frage:
Hätte ich mit meinem Unternehmen die nächsten drei Monate alle meine Ausgaben decken können,
- wenn die Corona-Krise nicht eingetreten wäre
- und mein Geschäft weitergelaufen wäre, wie vor den Corona-Maßnahmen (also in etwa dem 11. März 2020)
- also mit dem, was realistisch, voraussichtlich erwirtschaftet hätte werden können?
Nur wenn Sie diese Frage mit „Ja“ beantworten können, dürfte bei Ihnen ein förderfähiger Liquiditätsengpass vorliegen.
Es reichen daher weder ein bloßer Umsatzrückgang aus, noch darf sich Ihr Unternehmen bereits vor den Corona-Beschränkungen in einer Situation befunden haben, die es in den nächsten drei Monaten zahlungsunfähig gemacht hätte.
Wir wollen keine Angst vor der Antragstellung machen, aber bitte machen Sie sich bewusst, dass eine Beantragung, ohne das Erfüllen dieser Voraussetzungen strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Dies insbesondere deshalb, weil Sie (jedenfalls in Bayern) eine eidesstattliche Versicherung über die Richtigkeit Ihrer Angaben mit dem Antrag einreichen müssen.
Auch der relevante Beurteilungszeitpunkt für das Vorliegen eines Liquiditätsengpasses wurde durch die inzwischen vorhandene Definition klargestellt. Entscheidend ist eine „ex ante“, also nach vorne blickende, Betrachtungsweise. Dies bedeutet, dass Ihr Unternehmen sich nicht bereits jetzt in finanzieller Notlage befinden muss, damit Sie antragsberechtigt sind, sondern dass lediglich absehbar sein muss, dass eine solche Notlage innerhalb der nächsten drei Monate eintreten wird.
Ein weiterer Rat, den wir Ihnen an dieser Stelle geben wollen: Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, einen Antrag auf Unterstützung einzureichen: Zögern Sie nicht zu lange. Gehen Sie – sofern die nötigen Voraussetzungen erfüllt sind direkt los!
So sind etwa die Fördermittel des Berliner Soforthilfe-Pakets I. bereits ausgeschöpft und hinsichtlich des Berliner Soforthilfe-Pakets II. hatte der Autor zum Zeitpunkt der Recherche 54.735 (!) Nutzer in der Warteschlange vor sich.
Zudem dürfte Ihnen in der medialen Berichterstattung nicht entgangen sein, dass nahezu alle Hilfspakete (teilweise sogar mehrfach) aufgestockt wurden. Auch dies ist klares Indiz dafür, dass die Anzahl an Anträgen deutlich über das in den Töpfen vorhandene Budget hinaus zu gehen scheint.
Hingewiesen hatten wir in unserem Artikel vom 25. März auch auf die Möglichkeiten der Notkredite über die KfW- und LfA-Förderbanken.
Dies scheint sich – so zeichnet es sich aktuell ab – leider nicht so einfach, unbürokratisch und unproblematisch zu verlaufen, wie man dies erhofft hatte.
Zum einen gibt es erste Rückmeldungen von Betroffenen, dass die Hausbanken keine Kreditanträge mehr annehmen, da bereits zu viele vorlägen oder aber die Bearbeitung mit immenser Bürokratie erschweren und/oder in die Länge ziehen. Zum anderen berichten Antragsteller immer wieder, dass die Hausbanken sich scheuen, das auf sie entfallende, zehn- bis maximal zwanzigprozentige, Kreditrisiko zu übernehmen. Stattdessen werden zum Teil wohl „hauseigene Kredite“ mit deutlich ungünstigeren Konditionen offeriert.
Den Banken zugutegehalten werden muss aber insoweit, dass es sich trotz allem um eine Kreditvergabe handelt, bei der eine entsprechende Risikoprüfung ebenso Vorgabe ist, sowie dass die Bank den Kredit nur bewilligen darf, wenn er den gegebenen Bankenregularien entspricht. Hierzu gehört aber auch, dass der Kredit im vorgesehenen Zeitraum rückzahlbar und ausreichend abgesichert sein muss. Selbst dann, wenn es nur um 10 % des Risikos geht.
Meiner Einschätzung nach haben Bund und Länder, was die Soforthilfen sowie deren Konkretisierungen und Korrekturen betrifft, sehr gute Arbeit geleistet. Die Klarstellung des Liquiditätsengpasses sorgt dafür, dass die Hilfemaßnahmen nicht nur ein bloßes Versprechen bleiben.
Man mag Ihnen vorwerfen, dass es sich bei den Maßnahmen zunächst um „politischen Aktionismus“ gehandelt habe.
Dies scheint aus hiesiger Sicht allerdings verfehlt und man sollte bei derartigen Vorwürfen bedenken, dass auch die Politik von der Situation und deren Dynamik überrollt wurde. Niemand hat so etwas bisher erlebt oder auch nur (ernsthaft) damit gerechnet. Und wie schnell die Politik gelernt hat, die richtigen Stellschrauben zur Nachbesserung gezogen hat und somit echte Hilfe ermöglicht hat, zeigt, dass es sich nicht um Aktionismus gehandelt hat, sondern man wirklich versucht, zu helfen.
Weiterhin ist eine rückblickende Beurteilung von „Das hätte man aber besser machen müssen!“ immer deutlich leichter, als die konkrete Entscheidung in dem Moment. Und nur auf diese kommt es letztlich an.
Insofern bleibt zu hoffen, dass die Politik aus den Schwierigkeiten bei den KfW-/LfA-Krediten ebenso schnell lernt und auch dort nochmal „den Schraubenschlüssel ansetzt“.
Auf einen Blick:
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Um einen Antrag stellen zu dürfen, müssen Sie nicht zunächst all Ihre Ersparnisse aufgebraucht haben.
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Sie müssen einen Liquiditätsengpass aufgrund der Corona-Situation nachweisen.
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Legen Sie in Ihrem Antrag in ausreichendem Umfang dar, dass das eigene Unternehmen innerhalb der nächsten drei Monate absehbar an den Punkt kommen wird, an welchem es nicht mehr in der Lage ist, seine laufenden Ausgaben zu decken. Dieser Umstand muss gerade kausal auf die Corona-Krise zurückzuführen sein.
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Sie müssen evtl. eine eidesstattliche Versicherung ablegen: Eine Beantragung ohne, dass Sie die Voraussetzungen erfüllen, könnte strafrechtliche Konsequenzen haben!
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Wenn Sie die Voraussetzungen erfüllen, dann zögern Sie nicht zu lange, denn die Mittel sind begrenzt.
Christian Lenz arbeitet als Syndikusrechtsanwalt bei der GULP Information Services GmbH
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