People Analytics – Wenn KI den Personaler ersetzt

Wer sich um einen Job, bewirbt, trifft künftig nicht mehr auf echte Personalentscheider. Statt eines Menschen prüft Künstliche Intelligenz (KI), wie gut Kandidaten die Anforderungen des möglichen neuen Arbeitgebers erfüllen. Fallen sie bei dem Check durch, schickt ihnen die Maschine eine freundliche Standardabsage. Wenn überhaupt lädt sie zu einem Vorstellungsgespräch mit echten Menschen nur noch die Bewerber ein, die sie als wirklich optimal für den Job geeignet identifiziert hat.
Mitarbeiter stehen im Büro zusammen und Lachen - natürliche Farben

People Analytics – Wenn KI den Personaler ersetzt

Gerd Meyring – Freiberuflicher Autor
Wer sich um einen Job, bewirbt, trifft künftig nicht mehr auf echte Personalentscheider. Statt eines Menschen prüft Künstliche Intelligenz (KI), wie gut Kandidaten die Anforderungen des möglichen neuen Arbeitgebers erfüllen. Fallen sie bei dem Check durch, schickt ihnen die Maschine eine freundliche Standardabsage. Wenn überhaupt lädt sie zu einem Vorstellungsgespräch mit echten Menschen nur noch die Bewerber ein, die sie als wirklich optimal für den Job geeignet identifiziert hat.

Wer sich um einen Job, bewirbt, trifft künftig nicht mehr auf echte Personalentscheider. Statt eines Menschen prüft Künstliche Intelligenz (KI), wie gut Kandidaten die Anforderungen des möglichen neuen Arbeitgebers erfüllen. Fallen sie bei dem Check durch, schickt ihnen die Maschine eine freundliche Standardabsage. Wenn überhaupt lädt sie zu einem Vorstellungsgespräch mit echten Menschen nur noch die Bewerber ein, die sie als wirklich optimal für den Job geeignet identifiziert hat.

Jeder zweite Personaler will Arbeit an Chatbots delegieren

Das Szenario mutet an, wie aus einem Science-Fiction-Epos. Doch so weit von der Realität entfernt ist es nicht. Immerhin jeder zweite Personaler würde KI-gesteuerte Chatbots schon heute gerne eine Vorauswahl unter den Bewerbern für eine Stelle treffen lassen. Weitere 46 Prozent der Entscheider möchten Algorithmen Lebensläufe und Anschreiben auswerten lassen. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Personalführung im September 2019.

Technisch können Personaler inzwischen auch auf Systeme zugreifen, die im Internet und sozialen Netzwerken automatisiert nach geeigneten neuen Mitarbeitern suchen. Mit KI können sie die Mimik und den Sprachduktus auswerten, die Bewerber während eines Bewerbungsgesprächs zeigen.

HR setzt auf Big Data statt Bauchentscheidungen

Sinn all dieser Systeme ist es, möglichst viele Informationen über eine möglichst große Zahl von Kandidaten zu finden, zu vergleichen und zu analysieren. So sollen Algorithmen die fast immer intuitiv getroffenen Entscheidungen von Personalverantwortlichen durch vermeintlich „objektive“ Informationen ergänzen. Arbeitgeber hoffen so, die Kandidaten zu finden, deren fachliche, soziale und emotionale Kompetenzen den von einem vorgegebenen Job- oder Stellenprofil geforderten Skills am besten entsprechen.

Die Einführung dieser auch People, Recruiting oder Human Ressources Analytics genannten Auswertung großer Datenmengen im Bereich des Personalwesens steht in sieben von zehn Unternehmen ganz oben auf der Prioritätenliste, ergab der Human Capital Trends Report der Unternehmensberatung Deloitte 2017. Analysten erwarten daher, dass der weltweite Umsatz mit entsprechender Software bis 2026 jedes Jahr um rund zehn Prozent auf dann 2,1 Milliarden Euro wachsen wird.

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Bis KI den Personaler ersetzt ist es noch ein weiter Weg

Bis Roboter und Maschinen die Einstellung neuer Mitarbeiter vollständig übernehmen können, vergeht jedoch noch eine gewisse Zeit. Denn noch fügen sich die Tools für das digitale Recruiting und die People Analytics nicht in eine einheitliche Systemlandschaft ein. Auch haben bislang nur wenige Unternehmen Daten, aus denen Maschinen durch Deep oder Machine Learning die Muster erkennen können, nach denen die Biografie und das Profil eines Kandidaten Rückschlüsse auf die Leistung zulassen, die er oder sie auf einer bestimmten Stelle im Unternehmen bringen wird. Zudem kommen viele Anwendungen aus den USA und müssen erst an die Vorgaben des europäischen Datenschutzes angepasst werden. Dennoch sollten Bewerber schon heute wissen, mit welchen Systemen sie es zu tun haben, wo die Maschinen Informationen über sie finden und wie sie diese kombinieren und auswerten.

Matching-Software geht im Netz auf Mitarbeiterjagd

Im Grunde beginnt der Einsatz von People-Analytics-Tools im Recruiting damit, dass Personaler ein Mitarbeiter-Profil definieren, das alle erforderlichen technischen Fähigkeiten und Kompetenzen, das passende Mindset sowie die geforderten sozialen und emotionalen Eigenschaften idealtypisch beinhaltet.

Spezielle Talentsuchmaschinen – sogenannte Matching-Software – durchforsten das Web dann nach Arbeitnehmern, die über diese Skills verfügen. Entwickler und Software-Experten suchen sie dabei nicht nur auf Stepstone oder LinkedIn, sondern auch in sozialen Netzwerken, auf privaten Homepages und in Online-Communitys der IT-Profis wie Github oder Stackoverflow.

Die Matching-Tools können dabei Bezüge zwischen antrainierten Informationen und den von ihnen erzielten Suchergebnissen herstellen. Sie können beispielsweise erkennen, dass Entwickler, die sich laut ihres Profils mit statistischen Programmiersprachen auskennen, wohl auch etwas von der vom Unternehmen gesuchten Sprache „R“ verstehen. Vorausgesetzt, Personaler haben dem Algorithmus beigebracht, dass „R“ eine solche Programmiersprache ist.

KI beurteilt die Motivation möglicher Mitarbeiter

Die über eine Person gefundenen Informationen setzen die Algorithmen außerdem in Bezug zu als gesichert geltenden Erkenntnissen der Sozial- und Motivationspsychologie. So finden sie nicht nur heraus, wo ein möglicher neuer Mitarbeiter studiert und bereits gearbeitet hat sowie über welche Programmierkenntnisse er verfügt. Sie können auch Vorhersagen darüber treffen, wie gut er sich voraussichtlich in die Unternehmenskultur einfügen wird und welche Präferenzen er hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung sowie eventuellen Zusatzleistungen des Arbeitgebers hat.

Suchalgorithmen werten Open-Source-Code aus

KI-gesteuerte Matching-Software sammelt bei ihrer Suche im Netz so viele Daten über eine Person wie möglich. Dabei geht sie sehr zielgerichtet vor. Bei der Suche nach IT-Profis wertet beispielsweise der Algorithmus des inzwischen von dem Hedgefonds Citadel geschluckten KI-Unternehmens Gild Open-Source-Codes aus, ermittelt deren Autoren und sucht dann im Netz gezielt nach weiteren Informationen über sie.

KI findet auch skurrile Zusammenhänge

Die Algorithmen stoßen bei dieser Analyse bisweilen auf skurril anmutende Zusammenhänge. So fand Gild heraus, dass erstklassige Programmierer überdurchschnittlich häufig eine besondere Internetseite für japanische Manga-Comics besuchen. Der Algorithmus von Cornerstore on Demand stellte fest, dass Mitarbeiter, die später herausragende Leistungen erbrachten, einen ihnen im Bewerbungsverfahren zugesandten Fragebogen nicht mit dem Standard-Browser ihres Rechners ausgefüllt hatten, sondern mit Firefox oder Chrome. Diese Mitarbeiter hatten außerdem um ein Fünftel weniger Krankheitstage und blieben 15 Prozent länger auf der angebotenen Stelle. 

Am Ende ihrer Suche werfen Matching-Tools eine Liste möglicher neuer Mitarbeiter aus. Diese haben sie danach geordnet, wie weit die Kandidaten die vom Unternehmen gesuchten harten und soften Skills voraussichtlich mitbringen. Allerdings lässt sich Matching-Software von Jobsuchenden austricksen. Keiner hindert sie daran, an möglichst vielen Stellen im Netz die Informationen über sich zu verbreiten, von denen sie annehmen, dass sie dadurch für ein bestimmtes Unternehmen besonders attraktiv werden.

Tools zur Analyse von Interviews lassen sich nicht austricksen

Bei Interviewsoftware ziehen solche Tricks dagegen nicht. Mit den Algorithmen des Aachener KI-Startups Precire etwa lässt sich aus den während eines Video- oder Telefoninterviews mit einem Chatbot oder bei einem Vorstellungsgespräch angefertigten Bild- und Tonaufnahmen eines Bewerbers ein Persönlichkeitsprofil dieser Person erstellen. Die Software untersucht dazu nach Angaben von Precire rund 180.000 Faktoren – darunter Aspekte der Intonation und Stimmmodulation des Kandidaten, den von ihm gepflegten Wortschatz, seine Sprechgeschwindigkeit sowie die Häufigkeit, mit der er Sprechpausen einlegt oder Füllwörter verwendet. Aus diesen Informationen leiten die Algorithmen unter anderem ab, wie gut sich ein Bewerber in ein neues Team einfinden kann, wie ausdauernd oder dominant er ist.

Algorithmen werten bis zu 10.000 Gesichtsausdrücke aus

Ähnlich geht die Software des US-Anbieters Hirevue vor. Sie setzt die Häufigkeit, mit der Bewerber starke Hilsverben wie „kann“ und „will“ verwenden, in Relation dazu, wie oft sie schwache oder negativ konnotierte Ausdrücke wie „kann nicht“, „könnte“ oder „muss“ benutzen. Der Algorithmus greift auch auf einen von dem Psychologen Paul Ekman entwickelten Katalog von rund 10.000 Gesichtsausdrücken zurück. Diese verraten, wie Menschen emotional auf eine bestimmte Situation reagieren. Die Regungen zeigen sich dabei in deren Mimik meist nur für den Bruchteil einer Sekunde und sind kaum zu beeinflussen.

Derartige Algorithmen gleichen ihre Analyseergebnisse meist auch mit den Entscheidungen ab, die Personaler mit ihrer Hilfe treffen. Durch diesen Vergleich verbessern sie allmählich die Qualität ihrer Empfehlungen. Wann die Maschinen menschliche Entscheider ganz ersetzen, ist also eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, oder?