Change Management in Zeiten von Homeoffice

Wie Sie Ihre Mitarbeitenden auch remote erfolgreich bei Projekten mitnehmen

Wichtige Projekte können nicht darauf warten, dass wieder alle ins Büro kommen. Zumal der Trend hin zu hybriden Arbeitsformen geht und die Chancen groß sind, dass einzelne Projektteam-Mitglieder weiterhin zumindest teilweise remote arbeiten. Remote-Projekte können dennoch erfolgreich begleitet werden, wenn Sie Ihren Change-Management-Werkzeugkasten an die Situation anpassen.
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Change Management in Zeiten von Homeoffice

Wie Sie Ihre Mitarbeitenden auch remote erfolgreich bei Projekten mitnehmen

Florian Schießl – Freiberuflicher Autor
Wichtige Projekte können nicht darauf warten, dass wieder alle ins Büro kommen. Zumal der Trend hin zu hybriden Arbeitsformen geht und die Chancen groß sind, dass einzelne Projektteam-Mitglieder weiterhin zumindest teilweise remote arbeiten. Remote-Projekte können dennoch erfolgreich begleitet werden, wenn Sie Ihren Change-Management-Werkzeugkasten an die Situation anpassen.

Remote-Arbeit und Homeoffice sind Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite war und ist die Arbeit in Isolation zu Hause ein wichtiges Mittel, um die Ausbreitung des Coronavirus halbwegs in Schach zu halten. Und so manche Pendlerinnen und Pendler sparen sich täglich mehrere Stunden Fahrtzeit. Auf der anderen Seite kann die Isolation durch Dauer-Homeoffice ganz schön am Nervenkostüm zerren, gerade wenn räumliche Enge oder nicht betreute Kinder hinzukommen, ist von der vielgelobten größeren Konzentration am heimischen Schreib- oder Küchentisch wenig zu spüren.

Führungskräfte mit Personalverantwortung oder Projektmanager haben aber noch einen zusätzlichen Schmerz: Wichtige Projekte können nicht darauf warten, dass wieder alle ins Büro kommen. Zumal der Trend hin zu hybriden Arbeitsformen geht und die Chancen groß sind, dass einzelne Projektteam-Mitglieder weiterhin zumindest teilweise remote arbeiten.

Digitalisierungsprojekte, die ja oftmals gerade die Arbeit am heimischen Rechner erleichtern sollen, wurden zum Beispiel schon viel zu lange aufgeschoben – und jetzt brennt’s! 

Wann braucht es Change Management?

Es gibt Projekte, die sind mit klassischem Projektmanagement machbar. Wenn das Ergebnis vorab gut berechenbar bzw. inhaltlich voll absehbar ist, die Neuerungen in vertrauter Umgebung stattfinden (personell, technisch, räumlich, …) und die Auswirkungen auf die Mitarbeitenden überschaubar sind. Wenn aber wesentliche Arbeitsprozesse geändert werden sollen, beim Verhalten von Mitarbeitenden im Arbeitsalltag merkliche Änderungswünsche bestehen oder gar die organisatorische bzw. kulturelle Arbeitsbasis des Unternehmens in Wandel geraten soll, werden Projekte komplexer. Das ist Ihnen zu abstrakt? Machen Sie im Zweifel den Kaffeeküchen-Test: Umreißen Sie das Projekt kurz gegenüber einer potenziell betroffenen Mitarbeiterin, inklusive der Änderungen, die sie betreffen werden. Wenn ihr spontanes Aufstöhnen groß ist und sogar spontan eine Latte von Befürchtungen oder essentielle Fragen aufkommen, ist es wahrscheinlich ein Veränderungsprojekt. Und entsprechend werden Change Management Maßnahmen notwendig.

Dabei geht es darum, Mitarbeitende auf einem zunächst einmal unsicher wirkenden Weg abzuholen und sie mit Begleitmaßnahmen aktiv in einem dynamischen Prozess zu involvieren, damit sie Vertrauen fassen können. Oft prallen dabei ein Projekt- bzw. Change Team mit all ihrer Veränderungsenergie, Motivation und dem Versuch, Vertrauen aufzubauen, auf sorgenvolle oder verwirrte Mitarbeitende. Schließlich macht der digitale Wandel jedem zweiten Arbeitnehmenden Angst.

Das sind harte Kontraste, die aber im direkten Zusammentreffen gut moderierbar sind: Viel Dialog, Empathie und der richtige inhaltliche und räumliche Rahmen erzeugen hier die Magie einer gemeinschaftlichen Aufbruchsstimmung. Doch wie gelingt so etwas in separaten Räumen, mit (Zwangs-)Einzelkämpfer:innen, die sich seit Monaten in eigener Arbeitsweise eingerichtet haben, mit den beschränkten und menschlich leicht distanzierenden Mitteln von Webcam und Mikrofon? Wird das bei der Remote-Veränderungsarbeit zum Projektkiller?

Im Folgenden erfahren Sie mehr über die Kernproblematiken bei diesem Projektsetup und die richtigen Mittel dagegen.

Problem 1: Fehlendes Gespür für Grundstimmung und Veränderungsbereitschaft bei Mitarbeitern

Ein gut aufgesetztes Veränderungsprojekt beginnt in erster Linie mit zuhören: In welcher Lage ist das Unternehmen, wie ist die Stimmung bei welchen Gruppen, wie hoch ist die Bereitschaft zur Veränderung bei den betroffenen Personen? Dafür ein Gespür zu bekommen, ist auf die Entfernung ungleich schwerer. Was hilft, ist eine intensive Analyse- und Klärungsphase. Diese Grundlage eines jeden professionell geführten Change-Projekts muss für Remote-Projekte noch mehr Gewicht bekommen.

“Worum geht es hier eigentlich?”

Eine der Kernfragen für die Kommunikation zu Projektstart ist: “Worum geht es hier eigentlich?” Das umfasst zu klärende Punkte wie die Projekt-Timeline von der Vergangenheit bis zur Zukunft, die Projektumgebung, inhaltliche und soziale Komplexitäten, betroffene Rollen, Veränderungsdruck und -bereitschaft, die Tragfähigkeit der Absichten und die Vision des Projekts. Gerade die Historie des Unternehmens im Kontext von Veränderungsprojekten muss beleuchtet werden, um möglicherweise ablehnenden Grundhaltungen von Mitarbeitenden von Beginn an passend begegnen zu können. Und bevor sich kritische Haltungen vor den heimischen Monitoren ganz festsetzen, gilt es gerade bei Remote-Projekten, die Gefühle und Befindlichkeiten von Betroffenen abzuholen, die Personen frühzeitig produktiv ins Projekt einzubinden und sie so zu Beteiligten zu machen.

Gerade externe Change Management Berater:innen benötigen in dieser Projektphase besonders viele Informationen. Während Materialien zu Unternehmensstruktur, Projektaufbau und Mitarbeitenden recht einfach bereitzustellen sind, ist der menschliche, emotionale Stand entweder gar nicht verfügbar oder für die Erfordernisse im Change nicht objektiv bzw. qualifiziert genug. Helfen können hier (Tiefen-)Interviews zu Ängsten, Hoffnungen, Veränderungsbereitschaft bei der Mitarbeiterschaft sowie Potenzialen und Risiken durch das Projekt. Dafür befragt man eine Auswahl möglichst typischer Personen aus den Interessengruppen, die vorher mit einer sogenannten Stakeholdermap als besonders von Veränderung betroffen identifiziert wurden.

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Problem 2: Fehlender Durchgriff auf betroffene Mitarbeitende

Das Projekt ist gestartet, die ersten Botschaften wurden an die betroffenen Mitarbeitenden ausgespielt. Typischerweise beginnt jetzt die Transformationsphase einer Veränderungsbegleitung – die wesentlichen Interessengruppen sollen aktiv ins Boot geholt werden. Das erfordert eine Reihe von Maßnahmen, die bei Remote-Begleitung intensiver als bei klassischer Vor-Ort-Begleitung angewandt werden sollten: Schöpfen Sie die volle Bandbreite der digitalen Kommunikation aus – vorzugsweise in den Kanälen, die in der Kommunikationskultur des Unternehmens etabliert sind. Aber auch mit neuen Kollaborationstools wie Miro, Collaboard & Co., schließlich müssen Sie Workshops ja online abhalten. In jedem Fall sollten Sie darauf achten, dass die Formate Möglichkeiten zu echtem Dialog bieten – sonst bleiben Fragen, Frust und hilfreiches Feedback einfach am heimischen Küchentisch hängen, während das Projekt- bzw. Veränderungsteam weiter Einbahnstraßen-Nachrichten ins Off schickt.

Und: Binden Sie mehr Stakeholder als gewöhnlich ins Projektgeschehen ein – wenn möglich, zusätzlich mit höherer Beteiligungsintensität. Das heißt, sie sollten mehr mitreden dürfen und idealerweise aktiv etwas zur Entwicklung von Lösungen beitragen können. Allein vor dem Rechner sitzend kommt sonst schnell das Gefühl auf, in seinen Interessen oder der eigenen fachlichen Kompetenz zum Thema übergangen zu werden.

Gegen dieses Gefühl hilft übrigens auch in Zeiten von Messengern, Projektmanagement-Tools und Videobotschaften nichts besser, als ehrliche Anteilnahme und Unterstützungsangebote Ihrerseits in möglichst kleinen Gruppen, idealerweise 1:1-Gesprächen.

Change Agents und Führungskräfte sind wichtige Akteure im Veränderungsprozess

All Ihren Leuten können und sollten Sie natürlich nicht eine aktive Rolle anbieten. Umso wichtiger ist der Einsatz von sogenannten Change Agents im Projekt: Etablierte, im Kollegenkreis angesehene und kommunikationsstarke Personen aus den Kreisen der Betroffenen werden zu Mediatoren zwischen Projektkerngruppe und den Mitarbeitenden. Der direkte Draht in beiden Richtungen ermöglicht effektive Veränderungswirkung in die eine, und authentisches Feedback über die Moral unter den (hoffentlich) Veränderungswilligen in die andere Richtung.

Ein in Veränderungsprojekten regelmäßig unterschätzter Faktor ist die Rolle von Führungskräften. Mangelnde Führung ist laut “Change Management Kompass 2020” von Porsche Consulting der häufigste Hinderungsgrund für erfolgreiche Transformation. Gerade bis ins Homeoffice hat wenig so unmittelbaren Einfluss, wie die Macht der Hierarchie. Um diese Schlüsselstellen ins Boot zu holen, müssen Sie diese intensiv und mit Vorlauf an der Veränderung teilnehmen lassen und für ihre aktive Rolle und Vorbildfunktion für das remote Führen im Wandel coachen.

Agile Methoden nehmen die Mitarbeiterschaft aktiv mit

Was im digitalen Zeitalter mittlerweile wie gemacht ist für Change Projekte auf Distanz, sind agiles Projektmanagement und Methoden wie Design Thinking. Sofern es sich bei Ihrem Projekt um ein digitales Endprodukt dreht, können Sie durch iteratives Vorgehen und frühes Zeigen von Prototypen das Risiko gewaltig reduzieren, am Ende Nutzer:innen eine wenig akzeptierte Lösung vor die Nase zu setzen. Bringen Sie Ihren späteren Nutzerkreis möglichst rasch auf Tuchfühlung mit Click Dummys, Sandbox Versionen oder sogar ganz frühen Wire Frame- bzw. Papier-Prototypen. Dabei erhalten Sie meist wertvollen fachlichen Input für Projektmanagement und Technik, sowie menschliche Reaktionen, die Sie in Ihren weiteren Veränderungsprozess einfließen lassen können. Auch der kann nämlich iterativ gestaltet werden, indem Sie Maßnahmen fortlaufend ausprobieren und an die Bedürfnisse von agilen Projekten und das fluide Verhalten von Menschen im Wandel anpassen.

Erfolge feiern nicht vergessen

Bei all Ihren Bemühungen, den Change in die Köpfe und die Realität zu bringen, wird oft vergessen, die Erfolge zu feiern. Veränderungsprojekte sind teils lange Wege – da tun Sie gut daran, diese in einzelne Etappen aufzuteilen, den zurückgelegten Weg effektiv ins Rampenlicht zu stellen und den bisherigen Veränderungsmut Ihrer Leute zu würdigen. Zwar sind die Möglichkeiten, remote zu Feiern naturgemäß limitiert, aber mit etwas Kreativität machbar. Und Sie könnten ja auch mal mit physischen Geschenke oder digitalen Goodies Danke sagen.

Problem 3: Erschwerte Verhaltensänderung im Alltag

Oft scheitern Veränderungen in Firmen, weil es kulturelle Hürden gibt. Gerade, wenn etablierte Verhaltensmuster und Rollenverständnisse stark betroffen sind, reicht eine klassische Top-Down “Das machen wir jetzt so!”-Ansage nicht aus. Wenn sich etwa das Selbstverständnis “wir sind Verkäufer” zu “wir sind Berater” wandeln soll, kommt das passende Verhalten aufgrund von kulturbedingten Glaubenssätzen und fest etablierten Gewohnheiten möglicherweise gar nicht im Alltag an. Hilfreich kann sein, vorher das Kulturprofil des eigenen Unternehmens unter die Lupe zu nehmen und es in Workshops zu entwickeln. Das ist mittlerweile auch digital möglich.

Trainings und Leitplanken sind unverzichtbar

Ob sich ein neuer Prozess im Alltag etabliert, hängt zunächst einmal auch von der Fähigkeit der Mitarbeitenden ab, die neuen Tätigkeiten wie geplant durchzuführen. Trainings müssen her – und gerade für Fernschulungen darf nicht an Zeit und Geld gespart werden. Die aktuell vielerorts einsamen Wölfe fühlen sich noch mehr allein gelassen, wenn Schulungen nicht interaktiv, zeitgleich mit Kollegen und in bedarfsgerechter Frequenz stattfinden.  

Das reine Können ist natürlich nicht alles. Schnell verfällt der Mensch wieder in gewohnte Muster. Wenn Ihre Leute einem ganz neuen Kurs folgen sollen, braucht es effektive Leitplanken. Prozesse, Kennzahlen, Vergütungssysteme & Co. müssen alle einmal auf Links gedreht und so angepasst oder gar ganz neu designed werden, dass die Betroffenen bei ihrer Arbeit möglichst intuitiv bei ihren neuen Aufgaben unterstützt werden. Das gilt besonders, wenn das Teamgefüge und die Führungskraft wegen der Remote-Arbeit nicht so gut dazu beitragen können, das gewollte Verhalten zu fördern.

Nie die Mitarbeiterschaft aus den Augen verlieren

Zu guter Letzt müssen Sie regelmäßig am Puls der Mitarbeitenden bleiben. Schließlich hängt der Erfolg einer Veränderung von der Haltung Ihrer Interessengruppen zum Projektinhalt ab. Jede Maßnahme bei der Veränderungsbegleitung verfolgt je nach Phase ein übergeordnetes Ziel, vom Grundverständnis für die Relevanz der Veränderung bis hin zur tagtäglichen Umsetzung. Wer diese Phasen gerade erfolgreich durchschreitet und wer intensiver betreut werden muss, kann Ihnen nur ein intensiver Draht zur Mitarbeiterschaft sagen. Ob Sie das über Führungskräfte, Schlüsselrollen oder Change Agents herausfinden, selbst mit den eigenen Augen im (digitalen) Flurfunk überprüfen oder kleinere Stimmungs-Checks beziehungsweise aufwendige Evaluierungen fahren – Hauptsache, Sie machen es regelmäßig und möglichst objektiv. 

Florian Schießl, Change Manager und freiberuflicher Autor

Florian Schießl ist gelernter Medien- und Change Manager. Vormals in den Bereichen PR, Marketing sowie im Projektmanagement tätig, arbeitet er mittlerweile als Change Management Berater und freiberuflicher Autor. Als Enthusiast mit mehrjähriger Erfahrung in Veränderungs- und Transformationsprojekten begleitet er bei Analyse, Strategie, Konzeption und Umsetzung.