Überstunden, Wochenenden, Nachtzuschlag – das sollten Sie über Mehrarbeit wissen

Überstunden, Wochenenden, Nachtzuschlag – das sollten Sie über Mehrarbeit wissen
Die meisten von uns haben diese oder ähnliche Situationen schon oft erlebt: Abends später nach Hause kommen oder auf die Mittagspause verzichten, weil der Schreibtisch voll ist oder noch ein kurzes Meeting mit den Kollegen anstand. Eine europäische Vergleichsstudie zeigt: Die Deutschen leisten im Vergleich zum europäischen Rest am meisten Überstunden. Im Jahr 2016 waren es im Schnitt 45 pro beschäftigten Arbeitnehmer, wovon 21 bezahlt wurden und der Rest nicht. Hier stellt sich die Frage: Ist das überhaupt erlaubt? Welche Rechte haben Arbeitnehmer, was steht ihnen zu?
Vergütung von Überstunden
In vielen Arbeitsverträgen werden die Begriffe „Überstunde“ und „Mehrarbeit“ synonym verwendet. Das ist aber nicht ganz korrekt. Denn während mit Überstunden die Zeit gemeint ist, die ein Arbeitnehmer laut Arbeitsvertrag zu viel leistet, beschreibt Mehrarbeit die Zeit, die über den Rahmen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) hinaus gearbeitet wird. Grundsätzlich gilt: Die tägliche, reguläre Arbeitszeit darf acht Stunden nicht überschreiten. Der Arbeitgeber darf die Stundenanzahl aber auf zehn Stunden erhöhen, sofern er in den folgenden sechs Monaten für einen Freizeitausgleich sorgt.
Wenn nicht ausdrücklich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber anders geregelt, so sind lediglich die vertraglich festgelegten Arbeitsstunden zu leisten. Eine gesetzliche Verpflichtung, Überstunden zu absolvieren, gibt es nicht. Allerdings kann sich eine Verpflichtung zur Leistung von Überstunden aus dem individuellen Arbeitsvertrag ergeben. So halten sich Arbeitgeber die Möglichkeit offen, bei Bedarf Überstunden anzuordnen. Für die Vergütung von Überstunden gilt § 612 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dieser besagt: „Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.“ Das Bundesarbeitsgericht (BAG) geht also davon aus, dass der Arbeitnehmer eine zusätzliche Vergütung für Überstunden durchaus fordern kann, da vertraglich eine Regelarbeitszeit vereinbart ist. Hier kann aber auch andersherum argumentiert werden: Wer sich nicht an die Regelarbeitszeit hält, verstößt streng genommen gegen die Vereinbarung mit dem Arbeitgeber und kann deshalb keine Bezahlung erwarten. Wer also nicht nach Tarifvertrag arbeitet, sollte in seinem Arbeitsvertrag auf folgende Aspekte ganz genau achten: Besteht eine Verpflichtung zur Überstundenleistung und werden diese vergütet (entweder Lohnzuschlag oder Freizeitausgleich)?
Arbeiten an Wochenenden und Feiertagen
Für die Arbeit an Wochenenden gelten unterschiedliche Regelungen für Samstage und Sonntage. Denn Samstag ist auch ein Werktag. Deshalb können Arbeitgeber grundsätzlich verlangen, dass am Samstag gearbeitet wird, es sei denn, der Arbeitsvertrag schließt das von Vornherein aus. Die Arbeit am Samstag bedeutet auch nicht automatisch, dass Überstunden geleistet werden, sofern der Arbeitgeber einen Ausgleichstag unter der Woche gewährt. An Sonn- und Feiertagen hingegen ist es grundsätzlich nicht erlaubt, zu arbeiten. Für einige Berufsfelder gelten hierfür aber logischerweise Ausnahmen, zum Beispiel im Not- und Rettungsdienst, bei der Polizei oder auch in der Gastronomie, in Museen oder im Theater (§ 10 ArbZG). Seit 2006 steht außerdem fest: Es gibt keine allgemeine gesetzliche Regelung für Lohnzuschläge an Sonn- und Feiertagen. Allerdings steht Arbeitnehmern ihre Grundvergütung zu, die dann steuer- und sozialversicherungsfrei ist.
Vergütung von Nachtarbeit
Alleine bei der Nachtarbeit sieht es etwas anders aus: Arbeitnehmer, die zwischen 23:00 Uhr und 6:00 Uhr morgens arbeiten, können einen Lohnzuschlag von mindestens 25 Prozent ihres vertraglich geregelten Bruttoeinkommens verlangen, sofern keine tarifvertraglichen Bedingungen andere Zuschläge vorsehen. Bei regelmäßiger Nachtarbeit kann sich der Zuschlag auf bis zu 30 Prozent des Bruttolohns erhöhen. Für Tätigkeiten, bei denen nachts eine geringere Arbeitsbelastung besteht, kann von diesem Zuschlag gegebenenfalls abgewichen werden. Das kann zum Beispiel nächtliche Bereitschaftsdienste betreffen.
Viele gesetzliche Grundlagen gibt es in Deutschland aktuell nicht, um auf mehr Freizeit oder Lohnzuschläge zu bestehen. Aber dennoch ist es lohnenswert, sich die vertraglich geregelten Arbeitsbedingungen genau anzusehen und seine Rechte und Nicht-Rechte zu kennen. Denn das bietet eine gute Argumentationsgrundlage für ein offenes Gespräch mit dem Vorgesetzten, wenn sich der Wunsch nach Arbeitsausgleich auftut.