Wenn Farben sprechen

Wie Sie Farben, Materialien, Schnitte und Muster gezielt einsetzen

19.03.2009
Ulrike Mayer
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Zu Beginn eines Gespräches bleiben Ihnen etwa sieben Sekunden Zeit, um Professionalität auszustrahlen, souverän aufzutreten und einen sympathischen Eindruck zu hinterlassen. Hier entscheidet sich bereits, wer den Kunden gewinnt und wer ihn vielleicht verliert. Es ist klar, was Sie jetzt sagen werden: Nämlich dass die fachliche Qualifikation weit mehr als die äußere Schale zählt. Aber - Vorsicht Satire! - der (Wahrnehmungs-)Psychologie unterliegen so gut wie alle Menschen außer IT-Spezialisten. Gerade bei Interview-Terminen sollten Sie deswegen mitspielen: Lesen Sie diesen Artikel, stauben Sie Ihren dunkelblauen Anzug ab und testen Sie die Wirkung!

Für die Bildung des ersten Eindrucks ist der so genannte Halo-Effekt verantwortlich. Er beschreibt das Phänomen, dass ein einzelnes positives oder negatives Merkmal einer Person alle anderen Merkmale überstrahlt. Der Wahrnehmende nimmt diesen Menschen nicht mehr "objektiv", sondern nur anhand dieses einzelnen Merkmals wahr - oft ist das so beim viel zitierten "ersten Eindruck". Kleidung kann ein solches Merkmal sein. Gepflegte Kleidung drückt Kompetenz aus. Natürlich ist die fachliche Kompetenz unübertroffen wichtig. Aber für sympathischen Auftritt und bleibenden Erfolg ist noch anderes unabdingbar: Wissen über Dresscodes, die eigenen Schokoladenseiten und Problemzonen, über Farbpsychologie und die eigene Außenwirkung. Farbe ist unter allen Symbolen, die es gibt, der stärkste Kommunikator. Farben sprechen die Seele, den Verstand, die Emotionen an. Farben lösen Assoziationen aus, erzeugen Stimmungen, erwecken Sympathien und Antipathien, manipulieren Eindrücke, beeinflussen Entscheidungen. Farben transportieren nonverbale Botschaften. Verbale Botschaften können durch das Tragen bestimmter Farben unterstützt werden. Worauf sollten Sie im (beruflichen) Alltag achten?

So wirken Farben im Berufsleben

Je seriöser die beabsichtigte Wirkung, desto verhaltener sollte der Umgang mit Mustern und Farben sein. Starke Kontraste wirken kompetenter, dominanter und autoritärer als Farbverläufe Ton in Ton. Mit Blau, Grau und Anthrazit sind Sie auf der sicheren Seite, wenn Sie Kompetenz und Seriosität ausstrahlen wollen. Mit Beige und Braun fördern Sie die Verbindlichkeit und bauen Distanz ab. Mit Signalfarben wie Rot und Grün ist Ihnen die Aufmerksamkeit sicher. Dunkle und kräftige Farben schaffen größere Präsenz als helle Farben und Pastelltöne. Klare, harte und leuchtende Farben vermitteln auch Power - sofern sie demjenigen passen, der sie trägt.

Rot:
Wählen Sie Rot für Gelegenheiten, in denen Sie anerkannt werden oder auffallen wollen. Diese Farbe kann einen künstlichen Energieschub geben, wenn Sie müde sind. Sie können mit dieser Farbe Autorität projizieren, aber auch bedrohlich wirken. Vermeiden Sie rote Kleidung, wenn Sie extrem müde oder gestresst sind, da diese Farbe den Eindruck innerer und äußerer Spannungen verschärfen kann. Nicht empfehlenswert ist Rot bei Gesprächen mit Ihren Kunden, wenn es um ein Erstgespräch geht und wenn Sie signalisieren möchten, dass Ihr Kunde Ihnen vertrauen kann. Wählen Sie hingegen z. B. eine rote Krawatte, wenn Sie in der Abschlussphase sind. So signalisieren Sie Ihrem Kunden, dass Sie die erste Wahl sind.

Grün:
Wenn Sie stark gestresst und übermüdet sind, kann Grün stärken. Grün hilft Ihnen, wenn Sie Harmoniebereitschaft und die Bereitwilligkeit zu guter Zusammenarbeit signalisieren wollen. Vermeiden Sie Grün, wenn Sie Blicke auf sich ziehen wollen oder wenn Sie Dynamik für Erfolg signalisieren wollen. Im seriösen Businessbereich lässt sich Grün allenfalls als Farbtupfer z. B. durch eine Krawatte oder ein Einstecktuch einsetzen.

Orange:
Vermeiden Sie diese Farbe im Business. Orange ist die Farbe, die am wenigsten professionell wirkt. Im privaten Bereich signalisieren Sie mit orangefarbener Kleidung Vitalität, Lebensfreude, Kreativität und Aufgeschlossenheit.

Gelb:
Tragen Sie Gelb an einem trüben Tag, es wird Sie aufmuntern, vermeiden Sie Gelb, wenn Sie ernst genommen werden wollen und wenn Sie in Diskussionen etwas beizutragen haben. Mit der Farbe Gelb senden Sie nonverbal die Botschaft aus, dass Sie ein offener, fröhlicher, aktiver Mensch sind.

Schwarz:
Schwarz gilt wie weiß als Non-Color-Farbe und wird assoziiert mit feierlich, raffiniert, geheimnisvoll und stark. Schwarz steht den wenigsten Menschen wirklich gut, deshalb sollten Sie schwarz gezielt einsetzen. Als heller Typ gehen Sie in schwarzer Kleidung nahezu unter. Eine gute Alternative wären für Sie abgeschwächte Grautöne bis hin zu Anthrazit. Schwarz ist eine absolute Kompetenzfarbe und zwingt zu einem starken Farbkontrast. Wenn Sie Botschaften wie Dominanz, Autorität, Luxus und Distanz transportieren möchten, ist Schwarz ein Volltreffer.

Blau:
Die dunkelsten Blautöne strahlen am stärksten Autorität aus, wirken ordentlich, vertrauenswürdig, seriös und zuverlässig. Vermeiden Sie Blau, wenn Sie ein kreatives Verkaufsgespräch führen möchten - Blau und Kreativität gelten allgemein als widersprüchlich. Ebenso wenig sollten Sie Blau einsetzen, wenn Sie sich aktiv in einer Runde Ihren Platz verschaffen möchten. Blaue Kleidung, konservativ kombiniert, kann sehr schnell die Botschaft "langweilig" transportieren.

Grau:
Wenn Sie seriös, neutral und ausgewogen wirken wollen, dann greifen Sie zu Ihrem Grauton. Grau ist eine Farbe im Business-Alltag, bei der nichts schief gehen kann. Allerdings senden Sie damit unter Umständen auch die Botschaft der grauen Maus. Deshalb: Bei Grau müssen die Kombinationen stimmen. Die Bereitschaft, der Mut und die Sicherheit, mit anderen Farben zu kombinieren, sollte da sein.

Weiß:
Weiß strahlt Reinheit und Frische aus. Wenn Sie das "Saubermann-Image" einsetzen möchten, ist ein weißes Oberteil unter Anzug oder Kostüm mit Sicherheit eine gute Wahl. Allerdings müssen Sie sich sicher sein, welcher Weißton Ihnen wirklich steht, sonst ist Ihnen die Blässe ins Gesicht geschrieben. Ein weißes Hemd sollte eine individuelle Struktur haben, aus einem wertvollen Material sein und gut sitzen, sonst wirken Sie schnell langweilig und unkreativ.

Die Sprache der Kleidung

Es gibt eine Symbolik der Kleidung, eine geheime Sprache der Farben, Stoffe, Materialien, Schnitte, Muster, Details. Sie senden Botschaften aus wie ein Funkturm Signale. Wenn Sie das Wissen und diese Sprache beherrschen und Ihrer Persönlichkeit entsprechend einsetzen, können Sie sich in den unterschiedlichsten Geschäftsbereichen erfolgreich inszenieren.

Farbkontraste:

  • Je stärker der Farbkontrast, desto autoritärer die Botschaft.
  • Je geringer der Farbkontrast, desto niedriger das Autoritätslevel.


Stoffstrukturen:

  • Glatte , feine Stoffe sind formell, bewirken ein professionelles Erscheinungsbild.
  • Kräftige, robuste Stoffe sind informell und signalisieren Zugänglichkeit.


Sprache der Streifen:

  • Vertikale, gerade Streifen stehen für Autorität und flößen Respekt ein.
  • Welligere, verschwommenere Streifen sind weniger steif, Kreisformen wirken verspielt.


Mustersymbolik:

  • Ein Jacquard-Stoff strahlt mehr Professionalität aus als ein mehrfarbiges Muster.
  • Gleichmäßige, symmetriebetonte Muster wirken professioneller als wilde, abstrakte Drucke.
  • Kleine Muster sind stumm, große Muster wirken dagegen lebhaft, energiegeladen und lärmend.

So setzen Sie Kleidung richtig ein

Glatte, eng gewirkte Materialien wirken kompetenter als strukturierte Stoffe. Glänzende oder changierende Materialien schaffen mehr Dominanz als matte Stoffe.

Kleidungssymbolik im professionellen/formellen Bereich:

  • Farben: marine, grau, dunkle Töne, starke Kontraste, maximal ein bis zwei Farben
  • Stoffe: glatte, feine, dichte Gewebe
  • Muster: kleine oder dezente Muster, einfarbige Streifen, ungemusterte Stoffe
  • Streifen: vertikal, gerade
  • Armbanduhr: Metallarmbanduhr, feines Leder
  • Schmuck: Gold, Silber, nicht baumelnd
  • Taschen: hochwertige Lederaccessoires
  • Schuhe: hochwertiges Leder, klassische Schnitte


Kleidungssymbolik im legeren, kreativen Bereich:

  • Farben: hell, bunt, viele Farben, schwache bis mittlere Kontraste
  • Stoffe: strukturierte Tweeds, locker gewebte Stoffe, Mix aus unterschiedlichen Materialien
  • Muster: florale (Frau) oder geometrische Drucke, große, abstrakte Muster
  • Streifen: wellig, kreisförmig
  • Armbanduhr: sportive oder modische Modelle
  • Schmuck: darf auch baumeln


Professionelle Business-Symbole:

  • Dunkle Farben
  • Formen betonen kaum die Rundungen
  • Revers
  • Schulterpolster
  • Normaler Halsausschnitt
  • Glatte Stoffe
  • Wenig oder keine Muster
  • Klare Strukturen im Accessoirebereich
  • Dezente Accessoires

Fazit

Ein gutes, gepflegtes Aussehen und ein angenehmes Auftreten sind kein Zufall. Was ein Mensch ausstrahlt und wie er wahrgenommen wird, hat sehr viel zu tun mit der richtigen Farbentscheidung und der Sensibilität für die eigene, persönliche Stilrichtung. Dazu kommt ein Basisfachwissen zum Thema Kleidung. Manche behaupten: "Stil hat man oder man hat ihn nicht". Ich aber bin der Meinung, dass jeder "Stil" lernen kann, wenn die grundsätzliche Bereitschaft dazu besteht, so manche alte Gewohnheit über Bord zu werfen.

 

Ulrike Mayer ist als Imageconsultant und Dresscoach tätig und Franchisepartnerin von Harper&Fields - Maßkonfektion nach englischer Tradition. Seit vielen Jahren berät sie Führungskräfte aus der Wirtschaft in Kleidungs- und Stilfragen: zu den Themen Dresscodes, Business- und Corporate Style, Basics im Business, Dos and Don'ts.

Die Autorin behält sich alle Rechte am Artikel vor. © 2009 Ulrike Mayer

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