
Wirtschaftliche Einbußen bei IT-Experten aufgrund der Rechtslage
Zweite Allensbach-Studie des Bundesverbands für Selbständige Wissensarbeit
In der ersten Allensbach-Studie des Bundesverbands für Selbständige Wissensarbeit (ehemals ADESW) (hier downloaden) wurde sehr eindrucksvoll aufgezeigt, dass IT- und Engineering-Freelancer alles andere als unzufrieden mit ihrer Solo-Selbstständigkeit sind und an sich auch alle gut fürs Alter ausgesorgt haben.
Der Verband geht nun mit der Studie rund um die Situation der Freelancer in Deutschland in die zweite Runde mit 1.809 Teilnehmern. Diesmal stand nicht die Zufriedenheit mit der Freiberuflichkeit im Fokus, sondern die Frage, wie die aktuelle Rechtslage und Politik bewertet wird. Besonders kritisiert wird das Statusfeststellungsverfahren, welches dringend modernisiert werden sollte.
Die aktuelle Gesetzeslage in Deutschland sehen viele Studienteilnehmer als deutlich negativ an. Nur 1 Prozent der Selbstständigen bewertet die Rechtslage als sehr klar. Insbesondere das Thema Scheinselbstständigkeit geht den Freelancern an die Substanz. Rund die Hälfte der Befragten nimmt wahr, dass Unternehmen wegen dieses Themas teilweise zögern, Aufträge an Freelancer zu vergeben, und mehr als jeder Zweite hat nach eigener Angabe deshalb bereits wirtschaftliche Einbußen erlitten. 56 Prozent sehen gar ihre komplette Selbstständigkeit bedroht.
Besonders kritisiert wird das Statusfeststellungsverfahren der deutschen Rentenversicherung. Dabei wird geprüft, ob der Auftragnehmer als Selbstständiger oder abhängig Beschäftigter zu beurteilen ist. Drei Viertel der Befragten verlangen die Modernisierung des Verfahrens. Die häufigste Forderung ist dabei mit 87 Prozent die Einführung von Positivkriterien, also von Kriterien, die eine selbständige Tätigkeit zweifelsfrei belegen und damit die notwendige Rechtssicherheit für Solo-Selbständige und ihre Auftraggeber schaffen.
„Deutschland kann es sich nicht leisten, Selbstständigkeit als Randphänomen zu behandeln oder gar durch eine unklare Rechtslage zu behindern“, erklärt Carlos Frischmuth, Vorsitzender des Vorstands des Verbands Selbständige Wissensarbeit ADESW. “Diese Menschen bringen uns einen Modernisierungsschub. Wenn wir ihnen Steine aus dem Weg räumen, profitieren alle davon.“
Lesermeinungen zum Artikel
2,4 von 5 Sternen | Insgesamt 22 Bewertungen und 11 Kommentare
Einfach ausgewandert
Mourad Mehdouani am 29.01.2019 um 23.08 UhrJahrelang habe ich als Freelancer gearbeitet und Unmengen Steuer bezahlt. Zum Schluss war es mir zu lästig an Aufträge dran zu kommen.
Ich lebe nun im Ausland habe mehr Netto und arbeite weniger.
Wer hat hier verloren (Deutschland).
Die SPD von Ich AG bis Frau Nahles und alles verbieten.
Zu viel Steuer und zu wenig Transparenz
jj am 10.01.2019 um 19.32 UhrSind wir wirklich bei 70% Steuer vom Umsatz? Macht es Sinn noch sich anzustrengen? Mein Stundensatz wird ab jetzt für Entfernungen die Größer sind als 40 KM, wesentlich erhöht werden. 20%-50%.. wenn die Firmen wollen, beauftragen sie wenn nicht wartet man ein bisschen. Es wird dann weniger Steuer zu rechnen und die Leistungen werden auch nicht erbracht werden. Gedrängt wird man nur zum Auswandern, sonst nichts. Eigentlich Heimastrückkehr. Mal sehen.
Mischung aus Kalkül und zu geringer Wertschätzung
Yasser Said am 06.01.2019 um 23.55 UhrMeiner Meinung nach steckt hinter diesem Problem mehr oder weniger ein betriebswirtschaftliches Kalkül der verantwortlichen IT-Entscheider.
Die Vergütung in der IT ist in Deutschland ein Kostenfaktor bei dem alle Einsparpotentiale bis zum letzten Cent ausgeschöpft wurden.
Komischerweise verdienen die dafür verantwortlichen Betriebswirtschaftler vor allem im mittleren und oberen Management, verglichen mit ihrem Anteil an der Wertschöpfungskette ein Vielfaches von dem was ITler verdienen. Egal ob freiberuflich oder fest angestellt.
Auch die zu geringe Wertschätzung von IT-Tätigkeiten spielt hierbei eine sehr große Rolle. Ein Controller ist mit seinen regelmäßigen Statistiken und optisch aufbereiteten Unternehmensdaten für die Wettbewerbsfähigkeit und den finanziellen Erfolg eines Unternehmens anscheinend wichtiger als diejenigen, die die Software und Hardware IT-Infrastruktur programmieren, installieren, konfigurieren und administrieren.
Wenn man sich die Erfolgskonzepte von Google und Co anschaut, erkennt man, dass wirtschaftlicher Erfolg heutzutage direkt von Faktoren wie gerechter und realistischer Wertschätzung und Entlohnung aller Mitarbeiter abhängt.
Ungerechtes, marodes System
Andreas am 05.01.2019 um 00.42 UhrSollen doch die Politiker, die das entscheiden, erstmal in das marode Rentensystem einzahlen, wenn sie davon so überzeugt sind. Bestimmte Berufsgruppen haben auch bessere Systeme (z.B. Beamte, Angehörige von Kammerberufen). Für Börsianer ist die GRV unzumutbar! Dann eher kapitalgedeckte, zweckgebundene Systeme (z.B. in Schweden, Amerika, oder in Singapur und Malaysia wie der Vorredner erwähnt hat). Habe erst als Freelancer angefangen und denke auch schon darüber nach, irgendwann ins Ausland zu gehen...
IT-Experten in Deutschland gleichgestellt mit Erntehelfern
Werner am 19.12.2018 um 13.26 UhrIch habe es jetzt auch satt mit Saisonarbeitern gleichgestellt zu werden. Wenn die deutsche Politik uns so geringschätzt, soll sie ungelernte in Projekte schicken. Dann wird Deutschland endgültig auf die hinteren Rangplätze der Hochtechnologie verwiesen.
Der einzige Ausweg ist der Gang ins Ausland.
Ich fühle mich als Krimineller
F. am 11.12.2018 um 22.20 UhrIch fühle mich schon seit Jahre immer wieder so, als ob ich etwas kriminelles mache. Dabei unternehme ich alles um Experte auf meinem Gebiet zu sein. Meine Kunden sind höchst zufrieden und wollen mich gerne so lange wie Möglich im Projekt halten. Ich verdiene dabei mehr als jeder Angestellt (außer vielleicht die Konzernführung) und bezahle horrende Einkommensteuern. Man will mich aber immer wieder dazu drängen eine Festanstellung oder per Arbeitnehmerüberlassung in Projekte zu gehen. Damit die Kunden abgesichert sind. Teilweise zu Konditionen, die gerade die Hälfte meiner Einnahmen ausmachen. Der Staat schadet sich doch selbst. Sollen Sie froh sein, wenn man ordentlich Steuern zahlt. Für das Alter kann man bei einem hohen Einkommen sehr gut vorsorgen. Uns treffen hier Regelungen die Selbsständige schützen sollen, die gezwungen werden unterhalb des Mindestlohns zu arbeiten (z. B. Erntehelfer, Saison- oder Lagerarbeiter). Wenn ich mich weiter so unsicher fühle gehe ich auch ins Ausland. Deutschland ist sowieso kaum konkurrenzfähig gegenüber z. B. US Unternehmen im meinem Bereich und wird es wahrscheinlich durch solche politischen Kurzsichtigkeiten auch weiterhin bleiben.
Steuersätze
mg am 09.12.2018 um 05.35 UhrIch bin (unter anderem wegen der enorm hohen Steuersätze und dem arroganten Auftreten unserer Politiker und wenn man sich ansieht, wie unser Steuergeld augegeben wird) auch ins Ausland gegenen (Asien).
Selbst Schuld, wenn man einerseits die Leistungsträger vertreibt, andererseits über "Fachkräftemangel" jammert.
Zu dem Posting vo Dr. Mildner oben: Der Meinung bin ich nicht! Um Altersarmut zu vermeiden, sollen auch Freiberufler durchaus dafür vorsorgen!
Aber es sollte Ihnen freigestellt sein, wie! Ob in der DRV, der Allianz etc., egal! Der DRV sollte 1 x im Jahr nachgewiesen werden, dass ein Vertrag existiert, und dass die Prämien bezahlt werden.
Länder wie Singapur und Malaysia haben (kapitalgedeckte!) Staatsfonds für's Alter (EFP/EPF) mit einer jährlichen Rendite von ca. 7-8 %.
Da kann sich die DRV (mit einer Rendite von ca. 1-2 % p.a.) ein paar Scheiben abschneiden.
Viele Dinge laufen in anderen Ländern viel besser als in der sozialistischen Hochburg Deutschland.
Kundenverunsicherung
Vera am 07.12.2018 um 11.55 Uhrmeine eigene vierjährige Diskussion re Status sind zum Glück schon etliche Jahre her und seither hat keiner mehr versucht mich zu Zwangsgeldern in Form von Gewerbesteuer oder Rentenversicherung zu verdonnern (Klopf auf Holzkopf, daß es so bleibt).
Leider habe ich in den letzten Jahre immer mehr Projektanfragen erhalten die ausschließlich über Arbeitnehmberüberlassung, eine eigene GmbH oder Anstellung bei Klitschen im Ausland laufen konnten. Erstere sind bei mir eh gleich ausgeschieden (Projektverlust) und letztere soll ich das Risiko des 'Auslandseinsatzes' tragen (Kunde in DE, Klitsche in EU) - Währungsrisiko, Doppelbesteuerungsabkommen, lokale Vorschriften und Abgaben, etc. verlangen von mir nicht nur erheblichen Mehraufwand dies alles abzuprüfen, sondern belasten auch zusätzlich mein Einkommen.
Ganz schlimm ist jedoch die Verunsicherung der Kunden selbst. Komplianceregeln die weit über Rentenversicherungsregeln hinausgehen, minimale Projektlaufzeiten und dann lieber einen anderen Externen einstellen und neu Einlernen in das Projekt, bei international tätigen Unternehmen werden Externe durch die ausländischen Landesniederlassungen durchgereicht um im Projekt zu bleiben.
Fazit: ich komme mir manchmal vor wie eine Kriminelle die sich klammheimlich Projekte bei deutschen Kunden erschleichen muß, da meine Arbeit anscheinend nicht hier in Deutschland nicht mehr erwünscht ist. Oder sollte ich lieber sagen: meine Arbeit ist erwünscht - solange ich >70% davon an den Staat abführe!
Deutschland schafft seine eigenen IT-Vorreiter ab. Ob einige wie oben schon geschrieben gleich ganz ins Ausland gehen, oder sich in die Zwangsversklavung fügen und lustlos dieselben Jobs mit weniger Leistung weitermachen, das Ergebnis bleibt das gleiche: Deutschland verliert.
Vera
Die Statusüberprüfung schadet dem Standort Deutschland
Dr. Bernd Mildner am 07.12.2018 um 10.07 UhrMit dem Statusfeststellungsverfahren wird völlig intransparent versucht, Freiberufler in die gesetzliche Rentenversicherung zu zwingen. Warum sind denn Viele von uns selbstständig? Viele wollen sich nicht in den staatlichen Versicherungswerken (Rente/Arbeitslosenversicherung/gesetzliche Krankenversicherung) befinden. Ich bin fast 30 Jahre selbstständig und habe für mein Alter gut vorgessorgt. Leider war ich gezwungen, meinen Wohnort ins Ausland zu verlegen. Damit gehen der Bundesrepublik erhebliche Beträge in der Einkommenssteuer verloren.
Mein Vorschlag: Bei Freiberuflern generell auf die Rentenversicherungspflicht verzichten. Dann wird auch niemand mehr ins Ausland getrieben, der eigentlich lieber in Deutschland leben würde.
Richtige Diskussion - weiter so!
Oliver am 07.12.2018 um 08.38 UhrFreie IT Berater müssen aus der Grauzone „Scheinselbständigkeit“ herausgeholt werden. Wir bringen Unternehmen und Land auf Projektbasis voran und benötigen für alle Beteiligten einen rechtssicheren Rahmen.
Existenz durch das Statusfeststellungsverfahren verloren
Kimmer am 07.12.2018 um 07.25 UhrDas Statusfeststellungsverfahren sollte dringendst überarbeitet werden. Obwohl Monate vor dem "Verfahren" eine Betriebsprüfung von der Rentenversicherung ohne Beanstandungen durchgeführt wurde, erfolgte die Einschätzung des nachfolgenden Vertrages über freiberufliche Zusammenarbeit als abhängiges Beschäftigungsverhältnis, was es keinesfalls war. Somit ist meine Selbständigkeit gelaufen.