
Scheinselbständigkeit: Gesetz soll klare Bewertungskriterien liefern
Auf Kosten vieler Freiberufler?
Wie die
Computerwoche berichtet, arbeitet das Ministerium für Arbeit und Soziales der Bundesregierung an einem „Gesetz zur Verhinderung des Missbrauchs von Werkverträgen“. Dieses solle dazu dienen, das Vorliegen von Scheinselbstständigkeit durch einen neuen Kriterienkatalog allgemeingültig definier- und bewertbar zu machen. Lag der juristische Fokus im Einzelfall bislang auf einer Gesamtbetrachtung aller individuell vorliegenden Fakten, bestünde zukünftig eine Scheinselbstständigkeit automatisch bei Erfüllung einer bestimmten Anzahl gesetzlich festgelegter Eckdaten.
Welche Kriterien dieses neue Gesetz als Grundlage für eine solche Einstufung umfassen soll, ist bislang noch nicht bekannt. Nach Aussage der Computerwoche wären hierbei aber etwa Punkte wie die Tätigkeit vor Ort beim Auftraggeber, eine Nutzung bereitgestellter Arbeitsmittel oder die Frage nach der Nachvollziehbarkeit komplexer Vergütungsmodalitäten hinsichtlich Aufwand und erbrachtem Ergebnis denkbar. Hierbei handelt es sich weitestgehend um Kriterien, die im Rahmen der beruflichen Praxis vieler extern tätiger Wissensarbeiter erfüllt wären - also auch im Falle von IT-Freelancern und freiberuflichen Ingenieuren.
Lange Zeit wurde das Fehlen einer gesetzlich festgeschriebenen Definition zur Ermittlung und Abgrenzung scheinselbstständiger Beschäftigungsverhältnisse von vielen Freiberuflern und deren Interessensvertretungen kritisiert und Handlungsbedarf angemahnt. Schließlich ist ein entsprechendes Gesetz zur Verhinderung des Missbrauchs von Werkvertragsgestaltungen im Koalitionsvertrag seit geraumer Zeit bereits vorgesehen. „Zur Erleichterung der Prüftätigkeit von Behörden werden die wesentlichen durch die Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien zwischen ordnungsgemäßen und missbräuchlichen Fremdpersonaleinsatz gesetzlich niedergelegt“, so die darin enthaltene Maßgabe.
Doch gibt es, so die Computerwoche, Grund zur Befürchtung, das geplante Gesetz könnte „die Erbringung von IT-Leistungen auf selbstständiger Basis stark einschränken und in weiten Teilen sogar fast unmöglich machen“. Und auch der Verband der Gründer und Selbstständigen e.V. (
VGSD) hat in einer
Stellungnahme die Befürchtung geäußert, es ziele vor allem darauf ab, „die bereits praktizierte ausufernde Einordnung gut verdienender Selbstständiger als Scheinselbstständige abzusichern". Mit dieser Einordnung sind sie abhängig beschäftigt und damit rentenversicherungspflichtig. Der VGSD ist vor drei Jahren aus einer erfolgreichen Petition gegen eine Rentenversicherungspflicht für Selbstständige entstanden. Nun scheint es, als wolle man diese Rentenversicherungspflicht durch die Hintertür einführen."
Dieser Verdacht hat sich im Rahmen des vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) angestoßenen Dialogprozesses „
Arbeiten 4.0“ weiter erhärtet. Im am 22. April von Misterin Andrea Nahles in Berlin vorgestellten "
Grünbuch Arbeiten 4.0" weisen entsprechende
Passagen auf eben diese Tendenzen hin.
Die Vorlage des Gesetzentwurfs wird für Mai erwartet. Welche gesetzlichen Verordnungen und Kriterien darin tatsächlich enthalten sind, konnte zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eindeutig ermittelt werden.
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