Tipp vom Steuerberater: Arbeitszimmer und Betriebsstätte richtig absetzen
Was kann getan werden, wenn das Arbeitszimmer eines IT-Freiberuflers nicht als solches anerkannt wir

Tipp vom Steuerberater: Arbeitszimmer und Betriebsstätte richtig absetzen
Was kann getan werden, wenn das Arbeitszimmer eines IT-Freiberuflers nicht als solches anerkannt wir
Sind die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer abziehbare Betriebsausgaben? Nur wenn es den Mittelpunkt der Berufstätigkeit bildet, sagt das seit 2007 geltende Steuergesetz. Dabei ist nicht geklärt, ob diese Regelung verfassungsgemäß ist. Das Bundesverfassungsgericht muss nun über eine mögliche Verfassungswidrigkeit entscheiden. Wie sollten sich Selbstständige bis dahin verhalten?
Rechtliche Grundlagen
Gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG gehören die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer zu den nicht abziehbaren Betriebsausgaben. Nach der Neufassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG durch das Steueränderungsgesetz 2007 (vom 19.7.2006) wird der Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug nur noch zugelassen, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
Einzelne Finanzgerichte und auch diverse Meinungen in der Literatur gehen davon aus, dass die seit dem Jahr 2007 geltende Regelung zum Abzug von Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer wegen eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zumindest teilweise verfassungswidrig ist. Die Frage der Verfassungswidrigkeit wurde deswegen dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Entscheidung vorgelegt. Auch der Bundesfinanzhof (BFH) sprach in einem Aussetzungsverfahren von ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots für häusliche Arbeitszimmer. Die Finanzverwaltung regelt die Behandlung der Aufwendungen in mehreren Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) und sieht wegen der verfassungsrechtlichen Bedenken zunächst keinen Handlungsbedarf.
Arbeitszimmer oder Betriebsstätte
Zunächst ist sehr wichtig, zwischen dem häuslichen Arbeitszimmer und der häuslichen Betriebsstätte zu unterscheiden, da sich bzgl. der Anerkennung der Abzugsfähigkeit von Kosten große Unterschiede ergeben.
Arbeitszimmer
Der BFH hat in einer Grundsatzentscheidung zum Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer Stellung genommen. "'Häusliches Arbeitszimmer' i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung
- gedanklicher,
- schriftstellerischer oder
- verwaltungstechnischer bzw. organisatorischer
Arbeiten dient." Es muss gewährleistet sein, dass eine private Nutzung als Wohnraum so gut wie ausgeschlossen ist. Dabei ist auch von Bedeutung, ob dem Steuerpflichtigen für das Wohnbedürfnis genügend Platz zur Verfügung bleibt und ob der Raum von den Privatzimmern getrennt liegt.
Betriebsstätte
Die Aufwendungen für eine häusliche Betriebsstätte fallen nicht unter die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG . Unter den Begriff der häuslichen Betriebsstätte fallen Räume, bei denen es sich um
- Betriebsräume,
- Lagerräume,
- Ausstellungsräume
handelt, selbst wenn diese an die Wohnung angrenzen.
Wo ist der Mittelpunkt der Betätigung?
Seit dem 1.1.2007 hat sich die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für das Arbeitszimmer erheblich geändert. Nach der Neufassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG durch das Steueränderungsgesetz 2007 vom 19.7.2006, die erstmals für den Veranlagungszeitraum 2007 anzuwenden ist, wird der Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug nur noch zugelassen, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Gegen diese Änderung bestehen massive verfassungsrechtliche Bedenken in der Literatur und Rechtsprechung.
Der Gesetzgeber begründet die Änderungen im Wesentlichen damit, dass die Abgrenzung der Kosten für die private Lebensführung von den Erwerbsaufwendungen mangels wirksamer Kontrollmöglichkeiten schwierig sei. Um eine gleichmäßige Besteuerung zu gewährleisten, sei der beschränkte Abzug nun zu versagen. Die Gegner dieser Ansicht führen aber zu Recht aus, dass diese Kontrollmöglichkeiten auch beim normalen Büro und bei vielen anderen Betriebsausgaben nicht gegeben sind, so dass eine unterschiedliche Behandlung mit dieser Begründung unzulässig ist.
Die Beurteilung, ob nun das Arbeitszimmer den Mittelpunkt (wenn der Steuerpflichtige im Arbeitszimmer diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind) der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, bestimmt sich nach dem qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit. Der zeitliche Umfang der Nutzung hat lediglich Indiz-Charakter für die Beurteilung der Abzugsfähigkeit der Kosten.
Schon hier beginnen m.E. die Abgrenzungsprobleme: Wo hat ein typischer IT Freiberufler den qualitativen Schwerpunkt seiner Tätigkeit? Zeitlich ist dieser in der Regel beim Kunden, da der IT-Freiberufler dort vor Ort arbeitet. Wenn er dort auch seine Entwicklungsarbeit leistet, wird wohl auch der qualitative Schwerpunkt außerhalb des Arbeitszimmers liegen. Was ist aber in dem nicht seltenen Fall, in dem der Freiberufler zwei Tage beim Kunden ist und die restlichen Tage Remote von zu Hause arbeitet und sich auch noch am Wochenende mit Fortbildung oder Problemlösungen befasst? Die Abgrenzung ist fast unmöglich.
IT- Freiberufler: Ausübung mehrerer Tätigkeiten
Wie oben schon dargestellt, üben IT Freiberufler oft mehrere Tätigkeiten aus. Zum Beispiel Vertrieb selbstprogrammierter Software, Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, Softwareentwicklung, Betreuung von Hotlines etc. All diese Tätigkeiten werden im selben Raum ausgeübt. Der qualitative Mittelpunkt soll anhand einer Gesamtbetrachtung aller ausgeübten Tätigkeiten bestimmt werden.
Auch hier kommt der zeitlichen Nutzung wiederum nur indizielle Bedeutung zu. Der Schwerpunkt der Gesamttätigkeit wird durch den Mittelpunkt der Haupttätigkeit indiziert. Ist der Mittelpunkt der Haupttätigkeit nicht im häuslichen Arbeitszimmer gelegen, indiziert dies regelmäßig, dass auch der qualitative Schwerpunkt der Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen nicht im häuslichen Arbeitszimmer gelegen ist. Bei der Betrachtung kann auch die Höhe der Einnahmen der einzelnen Tätigkeiten eine Rolle spielen. Entscheidend ist aber auch hier, dass man durch eine gezielte und detaillierte Darstellung gegenüber dem Finanzamt einiges erreichen kann. Es genügt nicht mehr, sich nur auf den Begriff Arbeitszimmer festzulegen, vielmehr sollte man im Falle einer Nichtanerkennung der Kosten genaue Ausführungen zu der Nutzung des Zimmers machen können. Gerade bei IT-Freiberuflern bestehen keine Zweifel an der räumlichen Nutzung, in der Regel sind die Arbeitszimmer von oben bis unten mit Computern und sonstiger Hardware (Server etc.) zugestellt, so dass eine private Nutzung in der Regel sowieso ausgeschlossen ist. Leider ist dies allein aber nicht ausreichend.
Zusammenfassung
Da in der Literatur und Rechtsprechung erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen Abzugsvoraussetzungen für ein häusliches Arbeitszimmer bestehen, ist m.E. jeder Fall der Nichtanerkennung der Kosten für ein Arbeitszimmer offen zu halten bzw. sollte um die Anerkennung gekämpft werden.
Hier bestehen zwei Möglichkeiten. Zum einen der kostengünstigere Weg: Der IT-Freelancer hängt sich im Rahmen des Vorläufigkeitsvermerks (jeder Steuerbescheid hat Vorläufigkeitsvermerke, u.a. auch den bzgl. des Arbeitszimmers) an die anhängigen Verfahren an und wartet, was dabei herauskommt (Nachteil: dies kann u.U. ein paar Jahre dauern). Oder der IT-Selbstständige nutzt die oben dargestellten Argumentationen und versucht schon im Rahmen der Veranlagung das Finanzamt von der Abzugsfähigkeit seiner Aufwendungen zu überzeugen. Hierzu ist aber in der Regel die Hilfe eines Steuerberaters nötig, da hier zum Teil sehr detailliert und spitzfindig argumentiert werden muss.
Weitere Informationen erhalten Sie vom Autor Florian Schmidl. Er ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht sowie Steuerberater und Fachberater für internationales Steuerrecht.
Der Autor behält sich alle Rechte am Artikel vor. © 2009 Florian Schmidl