Liquiditätsmanagement für Freiberufler: So erstellen Sie Ihren Liquiditätsplan und bauen finanzielle Reserven auf

Liquidität ist die Grundvoraussetzung für jede selbständige Tätigkeit. Denn wer unternehmerisch frei agieren möchte, muss zahlungsfähig sein – und es auch langfristig bleiben. Wie Sie als Freiberufler:in einen Liquiditätsplan erstellen, Ihre Liquidität verbessern und ausreichende finanzielle Reserven aufbauen, erfahren Sie in diesem Beitrag.
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Liquiditätsmanagement für Freiberufler: So erstellen Sie Ihren Liquiditätsplan und bauen finanzielle Reserven auf

Joscha Faralisch – Freiberuflicher Autor
Liquidität ist die Grundvoraussetzung für jede selbständige Tätigkeit. Denn wer unternehmerisch frei agieren möchte, muss zahlungsfähig sein – und es auch langfristig bleiben. Wie Sie als Freiberufler:in einen Liquiditätsplan erstellen, Ihre Liquidität verbessern und ausreichende finanzielle Reserven aufbauen, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Um als Freelancer:in langfristig Erfolg zu haben, sollten Sie zu jedem Zeitpunkt liquide sein. Denn Liquidität ist eine zentrale Grundvoraussetzung für jede Form von Selbstständigkeit. Aber was heißt eigentlich Liquidität? Bedeutung und Definition klingen zunächst einfach: Liquidität ist die Fähigkeit, jederzeit seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können – auch dann, wenn der Zahlungseingang einmal stockt. 

In diesem Beitrag erfahren Sie, was Sie als Freelancer:in über das Thema Liquidität und finanzielle Reserven wissen sollten, wie Sie Ihren persönlichen Liquiditätsplan erstellen und systematisch einen Notfallfond aufbauen.

Warum ist Liquidität wichtig? Herausforderungen und Risiken für Freiberufler 

Anders als Angestellte können Freiberufler:innen nicht mit einem sicheren und festen Monatsgehalt kalkulieren. Wenn Aufträge einmal ungeplant wegfallen oder Honorare nicht zum erwarteten Zeitpunkt überwiesen werden, kann es daher passieren, dass Freelancer:innen für einen bestimmten Zeitraum von ihren Reserven leben müssen. Ist diese Liquiditätsreserve aufgebraucht, bevor neue Geldeingänge eintreffen, wird die eigene unternehmerische Handlungsfähigkeit eingeschränkt, zumindest vorübergehend. Im schlimmsten Fall kann dadurch sogar das gesamte Geschäftsmodell ins Wanken geraten. 

Eine schwache Auftragslage, kurzfristige Verdienstausfälle, Zahlungsverzögerungen auf Seiten der Kund:innen oder ungeplante finanzielle Belastungen wie ein hohe Steuernachzahlung sind Risiken, auf die jeder und jede Selbstständige also stets vorbereitet sein sollte – durch eine finanzielle Reserve, die alle Eventualitäten abdeckt.

Aber ab wann gelten die eigenen finanziellen Reserven als ausreichend? Ein guter Richtwert ist die Relation von verfügbarem Guthaben und durchschnittlichen monatlichen Ausgaben. In anderen Worten: Der Zeitraum, den Sie mit Ihrem vorhandenen Geld auskommen können, ohne auf neue Einkünfte angewiesen zu sein. Idealerweise deckt diese Summe ein Zeitfenster von mindestens neun Monaten ab. Könnten Sie mit Ihren aktuellen Rücklagen hingegen weniger als drei Monate in Folge für Ihre Lebenshaltungskosten aufkommen, besteht akuter Handlungsbedarf. Aber auch wenn Ihr finanzielles Reservepolster für mehrere Quartale problemlos ausreicht, ist es sinnvoll, immer wieder Maßnahmen zur Verbesserung Ihrer Liquidität vorzunehmen.

Zahlungsengpässe vermeiden und finanziellen Spielraum erweitern: Diese Vorteile bietet Ihnen ein Liquiditätsplan

Damit Sie als Freelancer Ihre Finanzen im Griff behalten und ausreichend finanzielle Reserven aufbauen, um auch einmal einen Liquiditätsengpass überbrücken zu können, sollten Sie zunächst einen Liquiditätsplan erstellen.

Denn mit wachsendem Reservepolster lässt sich nicht nur ein Liquiditätsengpass vermeiden – Sie erweitern auch Ihren unternehmerischen Handlungsrahmen. Das bedeutet: Sie können schlecht bezahlte oder weniger interessante Aufträge in Zukunft ablehnen und sich auf Kund:innen und Projekte konzentrieren, die Sie inhaltlich und finanziell weiterbringen. Außerdem ermöglicht eine erfolgreiche Liquiditätsplanung es Ihnen, Geld in den Besuch von Fortbildungen und Fachveranstaltungen oder in Ihre Onlinepräsenz zu investieren und somit Ihr Know-how und Ihre Reichweite zu steigern.

Was ist ein Liquiditätsplan? Definition und Aufbau 

Ein Liquiditätsplan bildet die Entwicklung Ihrer unternehmerischen Zahlungsfähigkeit in den kommenden Wochen und Monaten ab – durch eine genaue Gegenüberstellung der zu erwartenden Geldein- und -ausgänge. Sie halten also fest, wann Sie welche Honorarsummen überwiesen bekommen und an welchen Daten Sie Miete, externe Dienstleister und sonstige Betriebskosten bezahlen müssen.

Finanzielle Liquidität verbessern mit System: Wie Sie Schritt für Schritt Ihren Liquiditätsplan erstellen 

Was gehört für Freelancer:innen nun alles in einen Liquiditätsplan? Freiberufler haben im Vergleich zu Unternehmen in der Regel eine weniger komplexe Finanz - und Liquiditätsplanung. Beispiel: Kosten für Mitarbeiter:innen und Zulieferer bleiben zumeist gering oder fallen sogar vollständig weg. 

Trotzdem sollten Sie Ihre Liquidität regelmäßig prüfen und Ihre Finanzplanung nicht auf die leichte Schulter nehmen. In diesem Liquiditätsplan-Beispiel zeigen wir Ihnen, was Sie beachten sollten.

Schritt 1: Überblick verschaffen

Verschaffen Sie sich anhand Ihrer Belege und Kontoauszüge einen genauen Überblick über alle beruflichen Einnahmen und Ausgaben der vergangenen Monate und stellen Sie diese einander gegenüber. So entwickeln Sie ein Gespür dafür, mit welchen Zahlungsein- und -ausgängen Sie auch in Zukunft monatlich und quartalsweise rechnen können. Wenn Sie noch am Anfang Ihrer Selbstständigkeit stehen, orientieren Sie sich an branchenüblichen Zahlen, beispielsweise dem GULP Stundensatzkalkulator.  

Schritt 2: erwartete Einnahmen

Halten Sie in der ersten Spalte einer Tabelle zunächst alle zu erwartenden Zahlungseingänge der nächsten Monate fest. Dazu gehören Honorare Ihrer Kund:innen, aber auch Fördergelder, Darlehen, Eigenkapitaleinlagen, Steuerrückzahlungen etc. 

Achten Sie darauf, dass Sie bei jedem Posten Betrag und Datum so genau wie möglich angeben. Je nach Umfang und Komplexität Ihres Geschäftsmodells können Sie die Zahlungen zudem weiter aufschlüsseln, zum Beispiel nach Kund:innengruppe (privat oder geschäftlich, regelmäßig oder einmalig) oder Art der Rechnung (sofort oder mit Zahlungsfrist).  

Schritt 3: erwartete Ausgaben 

Listen Sie nun in der zweiten Tabellenspalte Ihre zu erwartenden Ausgaben auf, ebenfalls so genau wie möglich mit Zahlungshöhe und -zeitpunkt. Bei Bedarf können Sie die jeweiligen Posten zusätzlich nach Zahlungsempfänger, Zahlungsfrist oder Art der Kosten (Miete, Bürobedarf, EDV, Versicherung, Steuer etc.) aufschlüsseln.

 

So lassen sich Liquiditätsengpässe vermeiden oder überbrücken

Mit einem Liquiditätsplan lassen sich finanzielle Engpässe frühzeitig erkennen und dadurch gezielt umgehen oder zumindest abfedern. Zudem gibt es einige effektive Maßnahmen zur Vermeidung von Zahlungsschwierigkeiten und zum Umgang mit schwankenden Einnahmen: 

  • Stabilisieren Sie Ihre Einnahmen durch den Aufbau eines festen Kund:innenstamms: Priorisieren Sie Kund:innen mit hohem bzw. regelmäßigem externen Unterstützungsbedarf sowie Projekte mit langer Laufzeit und signalisieren Sie Ihren Kund:innen nach Abschluss eines jeden Projekts, dass Sie Kapazitäten für Folgeaufträge frei haben und an einer dauerhaften Zusammenarbeit interessiert sind.
  • Nutzen Sie Phasen mit geringer Auftragslage aktiv zur Akquise neuer Kund:innen oder zur Aktivierung neuer Geschäftsfelder. So können Sie von einer vorübergehenden Flaute langfristig profitieren und Ihren Umsatz nachhaltig steigern. 
  • Falls Ihre Einnahmen einmal nicht ausreichen, um Ihre laufenden Kosten zu decken, nutzen Sie statt einem Überziehungskredit ein Hypothekendarlehen oder ein festes Darlehen. So reduzieren Sie Ihre Zinslast und behalten Ihre Finanzen im Blick. 
  • Bauen Sie in Zeiten mit stabiler oder guter Auftragslage eine Liquiditätsreserve auf, mit der Sie Zahlungslücken für mehrere Monate überbrücken können. Wie Sie dabei am besten vorgehen, erfahren Sie im nächsten Absatz.

Liquiditätsreserven und Notfallfonds systematisch aufbauen – mit diesen 4 einfachen Maßnahmen 

1. Trennen Sie Privat- und Geschäftskonto

Auch wenn Sie als Freiberufler:in nicht verpflichtet sind, ein offizielles Geschäftskonto zu führen, empfiehlt es sich dringend, private und berufliche Ausgaben strikt voneinander zu trennen und ein separates Konto für Ihre unternehmerische Tätigkeit einzurichten. Denn so strukturieren Sie Ihren Zahlungsverkehr und bilden eine entscheidende Grundlage für Ihre Finanzplanung und Vermögensbildung.

2. Zahlen Sie sich selbst ein Gehalt aus

Eine der wichtigsten Regeln für Selbstständige lautet: Verwechseln Sie niemals Umsatz und Gewinn. Nur weil sich eine bestimmte Summe auf Ihrem Konto befindet, bedeutet das nicht, dass Sie einfach frei darüber verfügen können. Um den Überblick darüber zu behalten, wie viel Geld Ihnen monatlich zur privaten Verfügung steht, sollten Sie sich selbst also ein festes Gehalt auszahlen. Wie hoch dieser Unternehmerlohn ausfallen kann, hängt natürlich von Ihren Einkünften ab. Als Orientierung sollte jedoch ein für Ihre Position und Erfahrung branchenübliches Angestelltengehalt dienen. Aber Vorsicht: Um als Freiberufler erfolgreich zu sein, sollten Sie stets – zumindest etwas – mehr verdienen, als wären Sie in einer vergleichbaren Position festangestellt. Schließlich müssen Sie im Gegensatz zu Arbeitnehmer:innen eine Risikoabdeckung in Ihr Honorar mit einplanen.

Wenn Sie Ihren Unternehmerlohn festgelegt haben, überweisen Sie 90 Prozent dieser Summe zu Beginn oder Ende eines jeden neuen Monats auf Ihr Privatkonto oder richten einen entsprechenden Dauerauftrag ein. Dieses Geld steht Ihnen nun für Ihre persönlichen Ausgaben inklusive Krankenkasse, Versicherungen und der Bedienung privater Kredite zur Verfügung. So gewinnen Sie auf der privaten Seite die gleiche Einnahmen- und Ausgabenkontrolle wie Angestellte, die ebenfalls mit Ihrem Festgehalt haushalten müssen. Gleichzeitig motivieren Sie sich auf der unternehmerischen Seite dazu, ausreichend Geld  zu erwirtschaften, um sich Ihren monatlichen Unternehmerlohn auszahlen zu können, ohne ins Minus zu rutschen. 

3. Erweitern Sie Ihren finanziellen Spielraum

Mit der Trennung Ihrer Konten und der Auszahlung Ihres Unternehmerlohns haben Sie bereits die wichtigsten Vorbereitungen getroffen, um eine finanzielle Reserve aufzubauen, mit der Sie auch in Krisenzeiten handlungsfähig bleiben. Erstellen Sie nun im nächsten Schritt anhand Ihrer privaten Kontoauszüge eine Liste mit Ihren persönlichen monatlichen Fixkosten, und ermitteln Sie, welche Mindestsumme Ihre Familie und Sie monatlich benötigen, um den gewohnten Lebensstandard zu halten. Idealerweise sollte Ihre Liquiditätsreserve das Neunfache dieser Summe betragen, sodass Sie neun Monate ohne Einkünfte aus Ihrer unternehmerischen Tätigkeit leben können, ohne sich einzuschränken. 

Beginnen Sie nun, diese Summe aufzubauen, indem Sie 10 Prozent Ihres monatlichen Unternehmerlohns auf ein Anlagekonto überweisen. Achten Sie dabei darauf, dass Sie dieses Konto bei einer Direktbank eröffnen, die Ihnen eine angemessene Verzinsung, niedrige Kontogebühren und uneingeschränkten Zugriff auf Ihr Guthaben gewährt.

4. Steigern Sie Ihren Geldfluss

Um langfristige Reserven aufzubauen, gilt es nicht nur hohe Einnahmen zu generieren. Viel entscheidender ist die Differenz zwischen Geldein- und -ausgängen. Denn diese Differenz, der sogenannte Geldfluss oder Cashflow, ist die Grundlage für Ihre finanzielle Freiheit und Unabhängigkeit. 

So bauen Sie Ihren Geldfluss systematisch aus:

  • Setzen Sie sich ein tägliches Umsatzziel und priorisieren Sie Projekte, die Sie sofort umsetzen und abrechnen können
  • Stellen Sie Ihre Rechnungen so schnell wie möglich und geben Sie immer das frühestmögliche Datum an
  • Begleichen Sie Eingangsrechnungen so spät es geht (außer bei Zahlungen mit 3 % Skonto)
  • Halten Sie Ihre Fixkosten so gering wie möglich und überprüfen Sie regelmäßig, an welchen Stellen Sie weitere Einsparungen vornehmen können
  • Vermeiden Sie Abonnements und Ratenzahlungen mit langen Laufzeiten
  • Prüfen Sie bei jeder auch noch so gering erscheinenden Ausgabe, ob sie notwendig ist, vor allem in den Bereichen Verwaltung, Mobilität, Bewirtung und Spesen, Werbung und Technik
  • Investieren Sie nach Möglichkeit in gebrauchte Arbeitsgeräte und Materialien – vom Dienstwagen über Büromöbel bis zu elektronischen Geräten 
  • Sparen Sie nicht an den falschen Stellen: Gerade Investitionen in Vertrieb, Neugeschäft, Reputation, Kundenbindung und Kundenservice können sich langfristig finanziell positiv auswirken und einen echten Unterschied machen

Nach der Finanzplanung ist vor der Finanzplanung: Halten Sie Ihren Liquiditätsplan aktuell

Nicht vergessen: Auch ein noch so gewissenhafter und realistischer Liquiditätsplan ist stets nur eine Vorhersage – und als solche mit Unsicherheiten verbunden. Vergleichen Sie Ihre Planzahlen daher regelmäßig mit Ihren Ist-Zahlen, um daraus Learnings für Ihre Finanzplanung und Ihr Liquiditätsmanagement abzuleiten und in Zukunft besser auf unangenehme Überraschungen vorbereitet zu sein. Berücksichtigen Sie dabei stets auch die aktuelle Situation in Ihrer Branche sowie Veränderungen im Geschäftsverlauf. 

Liquitätsplan für Freelancer: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Was versteht man unter Liquidität?

Liquidität ist die Fähigkeit, Zahlungsverpflichtungen stets und zeitnah erfüllen zu können, selbst wenn es vorübergehende Engpässe bei den Einnahmen gibt. Insbesondere für Freelancer:innen ist Liquidität essentiell, da sie nicht über ein konstantes Monatsgehalt verfügen und auf unerwartete Einkommensschwankungen vorbereitet sein müssen.

Was gehört zu einem Liquiditätsplan?

Ein umfassender Liquiditätsplan beinhaltet die genaue Aufstellung der erwarteten Einnahmen und Ausgaben über einen bestimmten Zeitraum. Dabei sollten sowohl berufliche Einkünfte wie Honorare von Kund:innen als auch private Kosten, etwa Miete und Lebenshaltungskosten, berücksichtigt werden. Auch variierende Faktoren wie saisonale Schwankungen oder Projekt-bedingte Einnahmen und Ausgaben sollten in den Plan einfließen.

Wie erstelle ich einen Liquiditätsplan?

Um einen Liquiditätsplan zu erstellen, sollten Sie die folgenden Schritte befolgen:

  • Einen Überblick verschaffen: Analysieren Sie die vergangenen Monate, um ein Verständnis für Ihre finanzielle Situation zu entwickeln. Wenn Sie neu selbstständig sind, orientieren Sie sich an branchenüblichen Werten.
  • Einnahmen und Ausgaben auflisten: Erfassen Sie alle erwarteten Einnahmen, einschließlich Honorare, Fördermittel und andere Geldquellen, sowie die geplanten Ausgaben, wie Miete und Geschäftsausgaben. Eine detaillierte Aufstellung hilft dabei, den Überblick zu behalten.
  • Flexibilität einplanen: Berücksichtigen Sie unsichere Variablen wie saisonale Schwankungen oder unerwartete Ausgaben, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein.

Ein gut erstellter Liquiditätsplan ermöglicht es nicht, finanzielle Engpässe zu vermeiden, sondern erweitert auch den unternehmerischen Handlungsspielraum. Mit dieser Planung können Sie gezielt Geld in Fortbildungen, Marketing oder andere Investitionen stecken, um Ihre finanzielle Situation zu stärken.