Steuernachzahlung bei Selbstständigen

Steuerrücklagen bilden und Steuernachzahlungen vermeiden

Der Start ins Unternehmertum ist oft euphorisch, doch nach der ersten Steuererklärung kommt das Erwachen: Eine hohe Steuernachzahlung trifft die hart erarbeitete Liquidität. Wir zeigen Ihnen, wie diese „Nachzahlungsfalle“ entsteht und wie Sie sich aktiv davor schützen.

Was ist eine Steuernachzahlung eigentlich?

Eine Steuernachzahlung wird bei Selbstständigen und Unternehmern fällig, wenn sie für einen bestimmten Veranlagungszeitraum, zum Beispiel das vorletzte Jahr, noch keine Steuern oder zu wenig Steuern entrichtet haben.

Die Gründe für eine Steuernachzahlung liegen in einer – zumindest aus Sicht der Finanzbehörden – unbeglichenen Steuerforderung. Sie kann nicht nur bei der Einkommensteuer vorkommen, sondern auch bei anderen Steuerarten wie der Umsatzsteuer, der Körperschaftsteuer oder der Gewerbesteuer.

Warum müssen Selbstständige und Freiberufler Steuern nachzahlen?

Folgende Fälle können Ursache für eine hohe Steuernachzahlung Selbstständiger sein:

  • Zu geringe Steuervorauszahlungen
    Die Vorauszahlungen, die das Finanzamt im betreffenden Jahr erhalten hat, waren zu gering. Der erlassende Steuerbescheid ergibt eine höhere Steuerschuld. Die Differenz muss als Steuernachzahlung selbstständig entrichtet werden, also ohne eine Rechnung oder weitere Form der Geltendmachung.
  • Keine Vorauszahlungen
    Für länger zurückliegende Zeiträume wurde keine Steuererklärung abgegeben und es erfolgten keine Vorauszahlungen. Nun müssen die gesamten Steuern nachentrichtet werden.
  • Neuer Steuerbescheid nach Betriebsprüfung
    Bei einer Betriebsprüfung bemängelt das Finanzamt die Angaben in den Steuererklärungen und erlassen neue Steuerbescheide mit einer höheren Steuerlast. Das kann zum Beispiel daran liegen, dass bestimmte Umsätze nach Ansicht des Finanzamts nicht korrekt erfasst, Steuerbegünstigungen zu Unrecht beansprucht wurden oder dass das Finanzamt bestimmte Steuersachverhalte anders beurteilt als der Selbstständige. Die geänderten Steuerbescheide bringen neue Steuerforderungen. In solchen Fällen ist eine hohe Steuernachzahlung möglich.

Veränderungen in der Steuergesetzgebung führen dagegen grundsätzlich nicht zu Steuernachforderungen. Auch im Bereich der Steuergesetze dürfen Änderungen nicht rückwirkend zu Lasten Betroffener in Kraft treten. Die Steuerschuld darf nicht durch neue Gesetze nachträglich angehoben werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht 2014 ausdrücklich festgelegt.

Schwankende Gewinne

In der Regel setzt das Finanzamt in seinem Einkommensteuerbescheid für Selbstständige vier Steuervorauszahlungen zur Einkommensteuer im Jahr fest. Grundlage für deren Höhe ist die Einkommensteuerhöhe im Jahr des Bescheids. 

Bei vielen Selbstständigen schwankt der Gewinn stark. Wurde im Veranlagungszeitraum nur wenig Gewinn erwirtschaftet, fallen die festgesetzten Vorauszahlungen entsprechend niedrig aus. Wenn die Geschäfte im folgenden Jahr sehr gut laufen, fällt viel mehr an Einkommensteuer, als die Vorauszahlungen abdecken. Das Ergebnis ist eine Steuernachzahlung.

Aber auch bei einem kontinuierlich ansteigendem Gewinn kann es vorkommen, dass die Vorauszahlungen auf einer zu niedrigen Grundlage festgesetzt wurden. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn sich der letzte Steuerbescheid auf das vorletzte Jahr bezieht und die Vorauszahlungen noch auf diesem basieren. Damit bringt der nächste Einkommensteuerbescheid eine entsprechend hohe Steuernachzahlung hervor.

Irrtümer beim Anfertigen der Steuererklärung

Wer angesichts einer Steuernachzahlung „warum?“ fragt, sollte auch die Möglichkeit von Fehlern bei der Steuererklärung in Betracht ziehen. Haben Sie Ihre Steuerlast zu niedrig veranschlagt, riskieren Sie automatisch eine Steuernachzahlung, selbst wenn der Irrtum nicht auf böser Absicht beruht. Weil Steuerfälle Interpretationsspielraum bieten, führt eine Prüfung durch das Finanzamt schnell dazu, dass die Prüfer eine höhere Steuerschuld feststellen und einen geänderten Bescheid ausstellen.

Besonders gefährlich: das zweite Jahr nach der Gründung

Da für das erste Jahr noch keine Einkommensteuererklärung vorliegen kann, beruhen die Steuervorauszahlungen auf einer eigenen Schätzung. Sie ist oftmals besonders niedrig. Folgende Spirale wird dadurch in Gang gesetzt:

  • Die Steuerschätzung im ersten Jahr fällt viel zu gering aus.
  • Im zweiten Jahr ergibt sich dadurch eine hohe Steuernachzahlung an Einkommensteuer für das Vorjahr.
  • Gleichzeitig werden deutlich höhere Steuervorauszahlungen für das laufende Jahr fällig.
  • Oft kommt auch noch eine Umsatzsteuernachzahlung hinzu.

Diese Misere im zweiten Jahr hat schon viele Selbstständige in Liquiditätsprobleme gestürzt. Manchmal bedeutet dies das frühe Aus der beruflichen Träume.

Steuernachzahlungen vermeiden

Wenn das Finanzamt verlangt, dass Steuern nachzuzahlen sind, ist das nicht nur ärgerlich. Die Nachzahlungsforderung erfolgt in aller Regel unerwartet. Je nach Höhe des Nachzahlungsbetrags kann die Liquidität ernsthaft bedroht sein. Zumindest trägt die Steuernachzahlung zur Aufzehrung finanzieller Reserven bei.

Und wenn es doch zu einer hohen Steuernachzahlung kommt?

Wenn der Steuerbescheid eintrifft, ist es zu spät, die Gründe der Steuernachzahlung zu beseitigen. Aber Sie können das Problem offensiv angehen und dadurch die Folgen abmildern. Ein wichtiger Teil davon ist die Kommunikation mit dem Finanzamt. 

Nach einem erlassenen Steuerbescheid

Beim Erhalt eines Steuerbescheids mit Nachzahlungen kann es sich lohnen, Kontakt mit dem Finanzamt aufzunehmen.  Das Finanzamt ist ein unangenehmer Gläubiger. Das gilt umso mehr, weil Steuerbescheide vollstreckbare Titel sind und das Finanzamt direkt die Zwangsvollstreckung betreiben kann. Verzweifeln Sie auf keinen Fall, wenn die Nachzahlung den finanziellen Rahmen sprengt. Wer von Anfang an auf das Finanzamt zugeht, kann in vielen Fällen eine Stundung oder Ratenzahlung aushandeln. 

Gerade in solchen Situationen empfiehlt es sich, einen Steuerberater an der Seite zu haben. Er kennt die rechtlichen Möglichkeiten und begegnet den Finanzbeamten auf Augenhöhe. 

Nach einer Steuerprüfung

Bei Steuerprüfungen gibt es stets eine Schlussbesprechung. Dabei trägt der Prüfer vor, welche Unregelmäßigkeiten oder Probleme die Prüfung aus seiner Sicht ergeben hat. Der geprüfte Selbstständige kann seine eigene Sichtweise vortragen, Dinge erläutern und Fragen zu möglichen steuerlichen Auswirkungen stellen. Eine gute Argumentation bei diesem Termin kann Steuernachzahlungen vermeiden oder verringern. In jedem Fall erfahren Sie die Gründe der Steuernachzahlung, warum es dazu gekommen ist, und welche Nachzahlungsbeträge auf Sie zukommen.

Lessons Learned

Ziehen Sie als Selbstständiger aus der Steuernachzahlung die richtigen Lehren – von der Bildung von Rücklagen bis zur rechtzeitigen Abgabe von Steuererklärungen. So schützen Sie Ihre Liquidität dauerhaft und legen den Grundstein für den nachhaltigen Erfolg Ihres Unternehmens. Sie gewinnen die notwendige Kontrolle und können dem nächsten Steuerbescheid gelassen entgegensehen.

Bitte beachten Sie: Dieser Artikel dient lediglich einer ersten Information und ersetzt keine individuelle steuerliche Beratung. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Ihre Steuerberatung.